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Politik: Jedem seine zweite Chance?

Hessische Abgeordnete wollen Rausschmiss Hohmanns aus der CDU verhindern – und Roland Koch kritisiert Merkel

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Von Robert Birnbaum

und Christoph Schmidt Lunau

Der Fall Martin Hohmann lässt der CDU keine Ruhe. In Präsidium und Vorstand der Partei versicherte sich CDU-Chefin Angela Merkel am Montag noch einmal ausdrücklich der Zustimmung zu ihrer Entscheidung, den hessischen Abgeordneten aus der Fraktion auszuschließen. In der Sache gab es gegen Merkels Entscheidung keinen Widerspruch, wohl aber auch in der CDU-Spitze Kritik am Verfahren. So beschwerte sich nach Angaben von Teilnehmern Hessens Ministerpräsident Roland Koch darüber, dass er am Sonntag vor einer Woche nicht rechtzeitig über den Schwenk der Bundesspitze informiert worden sei. Koch hatte damals in der Frankfurter Westend-Synagoge den alten Kurs verteidigt, Hohmann nur zu rügen, und hatte dafür lautstarken Protest geerntet. Der Vorfall traf Koch umso mehr, als CSU-Chef Edmund Stoiber am gleichen Tag bei der Grundsteinlegung des neuen jüdischen Zentrums in München hart mit Hohmann ins Gericht gegangen war – in Kenntnis des neuen Kurses der Berliner CDU-Spitze.

Aus Kochs Landesverband meldeten sich am gleichen Tag zwei CDU-Politiker mit scharfer Kritik an Merkel zu Wort. Unter dem Druck der Medien sei die CDU-Chefin eingeknickt, sie habe es an Führungsstärke fehlen lassen – mit diesem Vorwurf zitiert die „Lahn-Dill-Zeitung“ die Landtagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer und Clemens Reif. Beide gehören immerhin zur Führung der Wiesbadener Landtagsfraktion und stehen an der Spitze der CDU im Lahn-Dill-Kreis. Mit einem pikanten Vergleich unterstreichen sie ihre Forderung nach einer zweiten Chance für Hohmann. Schließlich habe man auch dem rechtskräftig verurteilten Michel Friedman (CDU) eine solche zweite Chance gegeben. Unakzeptabel sei die „mediale Medienhatz" auf Hohmann und seine Familie. Der Abgeordnete habe zwar einen schweren Fehler begangen, sich aber entschuldigt. Irmer und Reif gehen nicht auf den Inhalt der Rede ein, schließen jedoch mit der Feststellung, es sei an der Zeit, dass die Deutschen unverkrampft an ihre Geschichte herangingen. Die Landtags-Grünen werteten diese Formulierung als Sympathieerklärung für die Haltung Hohmanns. Sie forderten Koch zu einer klareren inhaltlichen Grenzziehung auf. Noch im November will der Vorstand der hessischen CDU über die Aberkennung von Hohmanns Mitgliedsrechten entscheiden. Damit würde Hohmann auch seinen Delegiertenstatus für den CDU-Bundesparteitag vom 30. November bis 2. Dezember in Leipzig verlieren.

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