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Politik: „Jeden Tag fällt Chatami tiefer“

Irans Präsident spaltet die Reformer, weil er die Wahl nicht boykottiert

Es war ein historischer Moment, als der britische Thronfolger Prinz Charles dem iranischen Präsidenten Mohammed Chatami am Montag in Teheran die Hand schüttelte: der erste Besuch eines Mitgliedes des britischen Königshauses in der islamischen Republik seit 32 Jahren. Aber dieser Montag könnte auch in die iranische Geschichte eingehen als der Tag, an dem weite Teile der Reformbewegung sich endgültig von ihrem einstigen Hoffnungsträger abwendeten.

Der Grund ist die Ankündigung der Partei Chatamis, der Vereinigung kämpferischer Kleriker, an den für den 20. Februar geplanten Parlamentswahlen teilzunehmen, obwohl der Präsident die Wahlen nach dem massiven Ausschluss von Kandidaten als unfrei und undemokratisch eingestuft hatte. Damit spaltete sie die Reformer, die mehrheitlich zu einem Boykott der Wahlen aufgerufen hatten. Der Innenminister und die Gouverneure weigern sich, die Wahlen durchzuführen. Auch die größte Reformpartei, die von Chatamis Bruder Mohammed Resa angeführte Beteiligungsfront, ist für den Boykott.

„Jeden Tag fällt Chatami, der einst ein Volksheld war, tiefer“, zitiert die Agentur AFP einen iranischen Analysten, der nicht genannt werden will. Und ein anderer sagt: „Er hätte sich weigern können, als Feigenblatt für die Abschaffung des republikanischen Teils der islamischen Republik zu dienen.“ Chatami hatte seine Niederlage im Ringen mit den Hardlinern im Wächterrat und mit Religionsführer Chamenei vor zwei Tagen eingestanden, als es ihm nicht gelang, die Wiedereinsetzung von 380 Kandidaten – darunter prominente Reformer wie sein eigener Bruder – durchzusetzen.

„Die Leute an der Macht, welche die Macht nicht von den Menschen bekommen haben und gegen diese arbeiten, die Religion, Wissenschaft und Kultur nutzen, um ihre Macht zu erhalten, werden von der Geschichte mitleidlos verurteilt werden“, sagte der frustrierte Chatami am Sonntag. Dennoch lehnt er einen Wahlboykott ab. Chatamis Partei begründete dies damit, dass man die „Organisatoren des parlamentarischen Staatsstreichs“ daran hindern wolle, ihr Ziel, ein „Marionettenparlament“ zu wählen, zu erreichen. In einem Großteil der Wahlkreise schloss der Wächterrat alle Reformkandidaten aus.

Chatami war 1997 überraschend zum Staatspräsidenten gewählt worden und verkörperte über Jahre die Hoffnung auf mehr politische Freiheiten. Allerdings hat er immer die direkte Konfrontation mit den Hardlinern vermieden, obwohl alle Reformprojekte der demokratisch gewählten Institutionen von ihnen abgeschmettert wurden.

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