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Jens Böhrnsen mit seiner Lebensgefährtin Birgit Ruest.

© ddp

Jens Böhrnsen: Der soziale Mensch aus Gröpelingen

Plötzlich ist er prominent - richtig prominent: Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen ist kommissarischer Nachfolger des Präsidenten.

Bremen - Vor wenigen Monaten schrieb ein Journalist: „Der Name Jens Böhrnsen (SPD) ist höchstens Politikjunkies ein Begriff.“ Seit Montag hat sich das geändert: Der Bürgermeister von Bremen und derzeitige Präsident des Bundesrats ist plötzlich prominent geworden, da er von einer Minute auf die andere die Amtsgeschäfte des zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler übernehmen musste.

In Bremen fiel es ihm zunächst schwer, aus dem Schatten seines Vorgängers Henning Scherf (SPD) zu treten. Aber gut vier Jahre nach Amtsantritt hat er dessen Popularitätswerte fast erreicht. Der 60-Jährige distanziert sich von der SPD-Agenda 2010, will Reiche mehr besteuern und drohte mit einer Verfassungsklage, sollte der Bund weitere Steuersenkungen zulasten der Länder beschließen. In der SPD/CDU-Koalition, die er Ende 2005 von Scherf geerbt hatte, konnte er die soziale Karte kaum ausspielen. Aber seit 2007 führt er Deutschlands letzte rot-grüne Koalition, und die kümmert sich mit Vorliebe um alle Beladenen – etwa mittels (stets erfolgloser) Bundesratsinitiativen für Mindestlöhne. In Bremen investiert die Koalition vor allem in Soziales und Bildung. So bekommen bedürftige Kita- und Grundschulkinder ihr Mittagessen jetzt kostenlos. Mehr Wohltaten sind kaum drin – dafür ist der Stadtstaat zu verschuldet.

Der Bürgermeister als Vorreiter für soziale Gerechtigkeit: Das hat er vielleicht schon im Elternhaus gelernt. Böhrnsen stammt aus einer von den Nazis verfolgten Gewerkschafterfamilie aus dem Arbeiterstadtteil Bremen-Gröpelingen. Dass er 1968 sein Jurastudium in Kiel aufnehmen konnte, war damals für Arbeitersöhne nicht selbstverständlich. Später arbeitete er als Verwaltungsrichter in Bremen, bis er 1995 in die Politik wechselte: erst als Bürgerschaftsabgeordneter, seit 1999 als SPD-Fraktionschef. Als Scherf 2005 aufs Altenteil wechselte, rang er mit dem damaligen Bildungssenator Willi Lemke um die Nachfolge. Bei einer SPD-Mitgliederbefragung setzte er sich klar durch.

Was ihn nun erwartet, weiß er noch nicht. „Wir sind noch nicht hundertprozentig informiert, welche Termine in den nächsten Tagen auf ihn zukommen“, sagte sein Sprecher Hermann Kleen. Aber sein Chef wolle „auf gar keinen Fall“ regulärer Köhler-Nachfolger werden. 2011 ist Bürgerschaftswahl. Die will er gewinnen und Rot-Grün fortsetzen. Eckhard Stengel

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