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Jens Spahn: "Es kann nicht bleiben, wie es ist"

CDU-Experte Spahn zur Gesundheitspolitik

Der Streit zwischen CSU und FDP um die Gesundheitspolitik wird immer aggressiver. Ist da was aus dem Ruder gelaufen?

Die Debatte hatte sich in der Tat ein Stück weit verselbstständigt, das ist wahr. Das eigentliche Ziel, eine gute Gesundheitsversorgung für alle in einer älter werdenden Gesellschaft bezahlbar zu halten, ist leider zeitweise aus dem Blick geraten.

Was soll die Kanzlerin tun? Sie spricht ein Machtwort – und es bewirkt nichts …

Mein Eindruck ist, dass allen Beteiligten nun daran liegt, zur Sachpolitik zurückzukehren. Statt uns gegenseitig Überschriften an den Kopf zu hauen, werden und wollen CDU, CSU und FDP nun intern mit der Regierungskommission an die Arbeit gehen. Grundsätzlich gilt dabei: Wir sollten den Partnern in der Koalition immer zuerst einmal das Beste unterstellen und konstruktiv um Lösungen ringen anstatt mit Kampfbegriffen aufeinander loszugehen. Wie sonst sollen die Bürger Vertrauen in unsere Politik bekommen?

Wer ist schuld? Die CSU, die FDP oder ein schludrig formulierter Koalitionsvertrag?

Der Koalitionsvertrag ist Basis unserer Arbeit. Er formuliert einen klaren Auftrag: Die Arbeitskosten sollen ein Stück weit von der Entwicklung steigender Gesundheitsausgaben abgekoppelt werden. Nun geht es um die praktische Umsetzung. Und da gibt es ohne Zweifel viele Fallstricke, an denen wir arbeiten müssen.

Warum hat die CSU die Vereinbarungen unterschrieben – wenn sie nichts davon hält?

Die Parteitage aller drei Parteien in der Koalition sowie die sie tragenden Fraktionen haben dem Koalitionsvertrag mit übergroßen Mehrheiten zugestimmt. Schließlich war ein Bündnis aus Union und FDP das, wofür wir uns im Wahlkampf eingesetzt haben. Nun haben die Bürger zu Recht die Erwartung, dass ernsthaft um die Sache gerungen wird. Denn das Letzte, was bürgerliche Wähler wollen, ist der Eindruck einer Wirtshauskeilerei.

Was bedeutet das Dauergezänk für die Gesundheitspolitik der Koalition? Stillstand?

Nein, die Regierungskommission nimmt ja nun ihre Arbeit auf und wird auch Ergebnisse präsentieren. Zudem werden wir uns parallel im Parlament mit der Entwicklung von Arzneikosten und ärztlicher Versorgung auf dem Land beschäftigen. Es gibt jenseits der Finanzierungsfrage viel zu tun im Gesundheitswesen. Meine Oma jedenfalls beschäftigt die konkrete Frage, ob sie bei Bedarf ohne lange Wartezeit in der Nähe einen Arzt findet, mehr als abstrakte Debatten über Prämien.

Ist der Einstieg in einkommensunabhängige Prämien gegen die CSU denn möglich?

Wir erwarten für 2011 ein Defizit von bis zu elf Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung, Tendenz steigend. Jedem müsste also klar sein, dass es nicht bleiben kann, wie es ist. Man kann nicht immer nur sagen, was nicht geht, sondern Union und FDP müssen auf diese Entwicklung eine tragfähige Antwort finden. Da wäre es unklug, eine mögliche Option von vornherein auszuschließen.

Jens Spahn (29)

ist CDU-Abgeordneter und gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion

im Bundestag.

Das Interview

führte

Rainer Woratschka.

Das Interview von Rainer Woratschka

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