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Peinliche Affäre im Kreisverband von Merkels Staatsminister von Klaeden.

© dapd

Niedersachsen: Jens.(un)ehrlich.gut

Wie ein CDU-Politiker sich mit einem geschönten Lebenslauf um seine Chance bei der Landtagswahl in Niedersachsen brachte.

Die SPD jubelt. „Erster Direktwahlkreis schon gewonnen“, verkünden die Genossen in den sozialen Netzwerken genüsslich – fünf Wochen vor der Landtagswahl in Niedersachsen. Grund für die unverhohlene Freude: Nachdem er zweimal beim Lügen ertappt wurde, hat CDU-Direktkandidat Jens Heinemann im Wahlkreis 22 Sarstedt/Bad Salzdetfurth vorzeitig das Handtuch geworfen. Er habe dem Landrat und dem Kreiswahlleiter „schriftlich mitgeteilt, dass ich im Falle meiner Wahl in den Niedersächsischen Landtag am 20. Januar 2013 das Mandat nicht annehmen werde“, erklärte der 34-Jährige. Weil alle Bewerbungsfristen abgelaufen sind, bleibt sein Name auf den Wahlzetteln; die CDU darf keinen Ersatzkandidaten nachnominieren.

Dem folgenreichen Schritt vorausgegangen waren diverse Krisengespräche mit dem Hildesheimer CDU-Kreisverbandschef Eckart von Klaeden, Staatsminister im Bundeskanzleramt und enger Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel. Heinemann, der sich in der parteiinternen Urwahl gegen zwei Konkurrenten durchgesetzt hatte, zog mit dem Slogan „Jens.ehrlich.gut“ durch den für die CDU relativ sicheren Wahlkreis südlich von Hannover. Dumm nur, dass der selbst ernannte Saubermann seinen Lebenslauf kräftig frisiert hatte. Den fristlosen Rauswurf aus einem Hildesheimer Reisebüro wegen einer groben Vertragsverletzung schönte er als eigene Kündigung. Dies mochte die CDU ihrem aufstrebenden Kommunalpolitiker noch verzeihen, nachdem dieser Ende November via Lokalzeitung „aufrichtig“ um Verzeihung gebeten hatte. Der Fehler sei „nicht so gravierend“, teilte von Klaeden damals mit.

Doch jetzt platzte der CDU-Kreisspitze der Kragen. Es flog nämlich auf, dass Heinemann auch auf seiner – inzwischen abgeschalteten – Internetseite die Wahrheit verbogen hatte. Als Schulabschluss war dort die Fachhochschulreife angegeben – die der Kandidat aber gar nicht besitzt. Die Union zog die Notbremse. „Ich weiß, dass ich viele enttäuscht habe. Das tut mir sehr leid“, erklärte der Exkandidat. Er werde sich aber gegen unberechtigte Vorwürfe gerichtlich zur Wehr setzen.

Freuen kann sich dagegen der SPD-Landtagsabgeordnete Markus Brinkmann, der seinen aussichtsreichen Hauptkonkurrenten plötzlich los ist. 2008 ging der Wahlkreis mit 46 Prozent an die langjährige CDU-Parlamentarierin Ursula Ernst (67), die diesmal aus Altersgründen nicht mehr antritt. Die Union treibt nun die Sorge um, dass sich die Affäre vor Ort auch auf die entscheidenden Zweitstimmen auswirken könnte. Potenzielle Wähler könnten sich irritiert abwenden, fürchten die Funktionäre. Und ohne Direktkandidat sei die CDU im Straßenwahlkampf weit weniger präsent.

Bei der Landtagswahl im Januar bewerben sich elf Parteien für die 135 Sitze im niedersächsischen Parlament. Die CDU von Ministerpräsident David McAllister liegt zwar nach den jüngsten Umfragen mit 40 Prozent weit vorn, würde aber nicht mehr die Regierung stellen, da der Koalitionspartner FDP – wie auch Linke und Piraten – klar an der Fünfprozenthürde scheitern würde. SPD (33 Prozent) und Grüne (15 Prozent) bekämen den Umfragen zufolge eine Mehrheit und könnten ihr Wunschbündnis schmieden.

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