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Jetzt Ägypten: Mubarak wählt die Gewalt

Inzwischen vier Tote bei Demonstrationen in Kairo. Tunesier wollen Ex-Machthaber Ben Ali festnehmen.

Ägyptens Präsident Hosni Mubarak hat mit Härte auf die massiven Proteste in seinem Land reagiert. Das ägyptische Innenministerium verbot am Mittwoch weitere Demonstrationen. Wer demonstriere, werde sofort den Ermittlungsbehörden überstellt, hieß es. Außerdem sperrte die Regierung in Kairo den Internet-Kurznachrichtendienst Twitter. Auch das Online-Netzwerk Facebook war eine Zeit lang gestört. Über diese Kanäle organisieren sich die zumeist jungen Demonstranten. Trotzdem kamen am Mittwoch wieder in verschiedenen ägyptischen Städten tausende Menschen zusammen, um gegen die mittlerweile 30-jährige Herrschaft Mubaraks zu demonstrieren. Es gab massive Polizeieinsätze.

Damit reagierte Mubarak auf die gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Sechs Menschen kamen inzwischen ums Leben, 500 wurden verhaftet. Es waren die schwersten Proteste seit Mubaraks Amtsantritt 1981. Viele Ägypter beklagen Armut, Arbeitslosigkeit und steigende Preise.

Ähnliche Gründe hatten in Tunesien Massenproteste ausgelöst und vor knapp zwei Wochen zum Sturz von Präsident Zine el Abidine Ben Ali geführt. Dieser wird mittlerweile international mit Haftbefehl gesucht. Die Übergangsregierung schaltete Interpol ein, wie der tunesische Justizminister Lazhar Karoui Chebbi in Tunis sagte. Gegen Ben Ali, seine Frau Leila Trabelsi und mehrere Clan-Mitglieder besteht der Verdacht der Bereicherung und illegaler Devisengeschäfte.

International stößt das Vorgehen der ägyptischen Regierung auf Kritik. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte am Mittwoch in Berlin: „Grundlegende Menschenrechte, Bürgerrechte, die Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit, sie müssen auch in Ägypten respektiert werden.“ Die Bundesregierung sei sehr besorgt über die jüngste Entwicklung. Westerwelle ermahnte alle Seiten zur Zurückhaltung und zum Gewaltverzicht. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, forderte die EU auf, sich stärker im Mittelmeerraum zu engagieren. „Die Ereignisse zeigen, dass die EU zukünftig wesentlich stärker die Mittelmeerregion im Blick haben muss. Offenbar sind dramatische Entwicklungen im Gange, die unsere Interessen massiv berühren“, sagte er dem Tagesspiegel.

Nach Ansicht der EU-Kommission spiegeln die regierungskritischen Proteste in Ägypten den Wunsch der Bevölkerung nach einem „politischen Wechsel“ in dem nordafrikanischen Land wider. Die Ereignisse in Ägypten seien ein „Zeichen“ für die Hoffnungen vieler Menschen in dem Land, erklärte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel.

Wegen der Proteste habe das Auswärtige Amt seinen Reise- und Sicherheitshinweis für Ägypten aktualisiert: Menschenansammlungen sollten gemieden werden. Derzeit lägen aber keine Hinweise vor, dass Deutsche von den Zusammenstößen betroffen seien. Auch gibt es noch keine Rückholaktionen von Touristen, wie es in Tunesien der Fall war.

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