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Politik: Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt

NACH DEM ARBEITSKAMPF

Von Alfons Frese

Am Montag werden wieder Autos gebaut. Nach vier Wochen gehen die 6000 Beschäftigten von VW im sächsischen Mosel zurück an die Montagebänder, um Golf und Passat zusammenzuschrauben. Wie wird wohl die Stimmung sein in der Werkshalle? Vier Wochen lang haben die Metaller gestreikt, um im Jahr 2009 nicht mehr drei Stunden länger arbeiten zu müssen als die Kollegen im Westen. Das VWWerk in Mosel ist produktiver als das Stammwerk in Wolfsburg, doch die Arbeiter bekommen weniger Geld für mehr Arbeit. Das klingt nicht gerecht. Aber eben weil das so ist, hat VW das Werk in Mosel in den vergangenen Jahren ausgebaut, während es in Wolfsburg immer weniger Beschäftigte gibt. Die neuen Bundesländer brauchen die längere Arbeitszeit, um das Aufbautempo zu halten.

Das hatte die IG Metall ihren streikenden Mitglieder nicht gesagt; sie wurden von den Gewerkschaftsstrategen in einen aussichtslosen Kampf getrieben. Aussichtslos deshalb, weil die Arbeiterführer die Streikbereitschaft überschätzt und die Geschlossenheit der Arbeitgeber unterschätzt hatten. Und weil man in einer Rezession nicht für etwas kämpft, das vielen weniger wichtig erscheint. Die meisten Menschen wollen einen sicheren Arbeitsplatz, Ausbildungsplätze für ihre Kinder und im Zweifel lieber mehr Geld als mehr Freizeit. Wie also konnte sich die IG Metall dermaßen verschätzen?

Die Verhandler um Klaus Zwickel haben sich gegen die Niederlage gestemmt und in der langen Nacht von Berlin erstaunliche Zugeständnisse angeboten: Die Verkürzung der Arbeitszeit sollte abhängig sein von der Produktivitätsentwicklung in den Betrieben, und in den Betrieben selbst sollte künftig entschieden werden, wer im Rahmen eines Korridors wie lange arbeitet. Das ist vernünftig und gibt einen Hinweis auf die künftige Gestaltung von Flächentarifen. Das hat aber nicht gereicht, weil die Arbeitgeber es ablehnten, am Ende des Weges, also 2009 oder spätestens 2011, die 35 zu akzeptieren. Diese stahlharte Haltung fiel ihnen auch deshalb leicht, weil sie die öffentliche Meinung hinter sich wussten; dazu passt, dass Gewerkschaften viele Sympathien verloren haben und in der schwersten Krise seit Jahrzehnten sind.

Zumindest mitverantwortlich für die Krise der IG Metall ist Jürgen Peters. Vor fünf Jahren wurde er gegen den Willen von Gewerkschaftschef Klaus Zwickel zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Und im Herbst soll er, wiederum gegen den Willen von Zwickel, dessen Nachfolger werden. Peters und sein ostdeutscher Verbündeter Hasso Düvel haben den Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche durchgesetzt. Übrigens auch das gegen den Willen von Zwickel, der von kollektiven Arbeitszeitverkürzungen nicht mehr viel hält. Peters wollte den Streik im Osten nutzen, um sich als Kandidat für den Chefposten zu profilieren. Das ist daneben gegangen, um es freundlich zu sagen. Die Strategen Peters und Düvel haben nicht nach links und rechts geschaut, sondern ihre Truppen in eine nicht zu gewinnende Schlacht geschickt. Sie werden den Autobauern in Mosel viel zu erklären haben. Aber das ist ihr Problem.

Das Problem der IG Metall ist die Personalie Peters. Mit diesem Mann wird die Gewerkschaft nicht in der Zukunft ankommen. Peters sieht überall Raubtierkapitalisten und Ausbeuter, die man bekämpfen muss. Peters ist von gestern. Der Mann für morgen sitzt in Stuttgart und heißt Berthold Huber; kein Krawallmacher und Sprücheklopfer, sondern wirklich ein Modernisierer, der die IG Metall entstauben würde. Weil sich der Gewerkschaftsvorstand Anfang April nicht zwischen Huber und Peters entscheiden konnte, rutschte gewissermaßen zwangsläufig der bisherige Vize Peters auf der Kandidatenliste an die Spitze. Wenn der Gewerkschaftsvorstand heute in Berlin zusammentrifft, um die Konsequenzen aus dem Debakel im Osten zu diskutieren, kann das korrigiert werden.

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