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© imago

Jochen Flasbarth: "Ich bin mit den neuen Lampen ganz zufrieden"

Der neue Präsident des Umweltbundesamtes über den Wert der Wälder für den Klimaschutz, deutsche Kuscheligkeit und Glühbirnen.

Haben Sie sich auch noch schnell mit Glühbirnen eingedeckt?



Nein. Das habe ich nicht. Ich finde das auch unsinnig. Ich bin mit den neuen Lampen ganz zufrieden.

Können Sie verstehen, warum viele Deutsche damit nicht zufrieden sind?


Ehrlich gesagt, kann ich das nicht verstehen. Ich finde es übertrieben, so zu tun, als stünde Deutschland kurz vor dem kulturellen Aus. Wir hätten die Energiesparlampen schon viel eher gesetzlich einführen sollen, dann hätten wir vermutlich heute eine Technik, die alle zufriedenstellen könnte. Es wird jetzt noch weiter an der Lichtqualität gearbeitet. Das Bedürfnis der Deutschen nach Kuscheligkeit ist ja in den vergangenen Tagen hinreichend deutlich geworden. Darauf wird sich die Industrie einstellen.

Viele fühlen sich bevormundet …

Das Aus für die Glühbirne spart bei uns in Europa fast so viel Strom, wie Rumänien insgesamt verbraucht. Das spricht doch für sich. Aber wir müssen auch die Umweltsicherheit garantieren. Energiesparlampen enthalten geringe Mengen Quecksilber, die nicht in den normalen Müll gelangen dürfen, sondern zurückgeholt werden müssen. Da sehe ich noch erheblichen Regelungsbedarf. Bei Quecksilber darauf zu hoffen, dass das jeder brav zu seiner Wertstoffsammelstelle trägt, empfinde ich auch als Zumutung für die Verbraucher. Die Energiesparlampen müssen einfach und haushaltsnah zu entsorgen sein, ähnlich wie Batterien. Der Handel sollte die Lampen verbrauchernah zurücknehmen. Falls er das nicht freiwillig macht, muss der Gesetzgeber handeln.

Sie kommen vom Naturschutz. Wird das UBA unter Ihrer Leitung dem Bundesamt für Naturschutz ins Handwerk pfuschen?

Nein, natürlich nicht. Aber ich glaube, dass meine Erfahrungen aus dem Naturschutz ganz hilfreich sein können, um innerökologische Konflikte zu lösen. Es ist ja nicht so, dass alles ganz einfach ist. Manchmal schaffen neue Lösungen an anderer Stelle ganz neue Probleme. Ein Beispiel: Bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien muss es ein Gesamtkonzept geben, bei dem auch der Naturschutz schon mal einen Kompromiss eingehen muss. Ein Meer ohne Windräder hat auch etwas. Aber ohne den Meereswind werden wir im künftigen Energiemix nicht auskommen. Die Ausweisung sehr großer windradfreier Meeresnaturschutzgebiete war da der richtige Kompromiss. Bei der Wasserkraft entlang unseren kleinen Flussläufen steht das Verhältnis von ökologischem Eingriff und Energieausbeute häufig in keinem vernünftigen Verhältnis.

Der Rahmen dafür wird beim Weltklimagipfel in Kopenhagen beschlossen werden. Glauben Sie an einen Erfolg?

Kopenhagen ist zum Erfolg verdammt. Das muss einfach gelingen. Neben den industriellen Treibhausgasen müssen wir auch die Emissionen in den Blick nehmen, die etwa durch die Abholzung der Regenwälder oder die Entwässerung von Mooren in die Atmosphäre gelangen. Das sind immerhin rund 20 Prozent der weltweiten Emissionen. Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, wird das Zähneklappern in der Industrie, bei den Haushalten und im Verkehr noch viel schlimmer werden als jetzt schon. Deshalb muss REDD – übersetzt: die Verminderung der Emissionen aus Entwaldung und Schädigung der Wälder – zu einem Teil des neuen Klimaschutzabkommens werden. Die Finanzierung dafür muss außerhalb des Emissionshandels über einen Fonds organisiert werden, weil der direkte Einschluss eines REDD-Mechanismus in den Emissionshandel diesen überkomplex und intransparent machen würde. Und wir wissen ja nun aus der Finanzkrise, dass intransparente Märkte sehr problematisch sind.

Seit 1992 gibt es eine UN-Waldkommission. Was haben wir gelernt?


Die Waldkommission konnte nichts erreichen, weil Forstminister diese als Waldnutzungs- und nicht als Waldschutzveranstaltung angesehen haben. Dagegen haben Umweltminister mit der Konvention zur biologischen Vielfalt ein eigenes Waldprogramm geschaffen, das aber wegen seiner Unverbindlichkeit auch noch nicht den Durchbruch geschafft hat. Seit dem Weltgipfel in Rio 1992 blockieren sich diese beiden Ansätze. Geldmangel war nur ein weiteres Problem. Zudem ist ja bekannt, dass nicht alle waldreichen Länder über die letzte Stufe guter Regierungsführung verfügen. Aber die Entwicklungsländer verhandeln inzwischen mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein. Brasilien beispielsweise legt wenig Wert darauf, sich die Nutzung seiner Regenwälder mit Geld beschränken zu lassen. Dort wird das durchaus als eine Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln verstanden. Der brasilianische Amazonasfonds, in den Deutschland jetzt auch einzahlt, ist eher als Geschäft konzipiert: Es gibt Geld, wenn die Entwaldungsraten sinken. Etwas Skepsis schadet da nicht, aber der Ansatz ist schon richtig.

Brasilien verfügt über eine ernst zu nehmende Regierung. Das würde ich bei einigen afrikanischen waldreichen Ländern nicht behaupten.

Trotzdem können wir einen großen Bedarf erkennen. Deutschland hat zugesagt, bis 2012 zusätzlich 500 Millionen Euro in den Schutz von Regenwäldern zu investieren und von 2013 an jedes Jahr. Kein anderes Land macht mehr für die Urwälder. Seit dem vergangenen Mai haben wir Investitionen von etwa 40 Millionen Euro angeschoben. Das passiert in der Praxis in Kooperation mit großen Nichtregierungsorganisationen, die ein Garant für ein gewisses Maß an Transparenz sind. Die haben auch eine Menge Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn die Einhaltung von Menschenrechten auf der Strecke bleibt. Wir brauchen im Waldschutz aber auch völkerrechtlich verbindliche Regeln: Was bedeutet Schutz der Wälder, was ist eine gute fachliche Praxis bei der Nutzung und woran wird die Minderung national gemessen. Wer von einem künftigen REDD-Fonds profitiert, muss sich zu einigen Grundregeln bekennen.

Das Gespräch führte Dagmar Dehmer.

Jochen Flasbarth (47) kommt aus der Umweltbewegung. Bis 2003 war er Präsident des Nabu. Nach einer Station im Umweltministerium ist er nun Präsident des Umweltbundesamtes.

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