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John McCain: Lieber die Wahl verlieren als den Krieg

John McCain, bis dato fast naturgemäß Kandidat der Republikaner um die Bush-Nachfolge, hat sich mit seiner Irak-Strategie zunehmend in die Bredouille manövriert. Nach weiteren Patzern wie mit dem Lied "Bombardiert Iran" wollen ihn nur noch 19 Prozent als Präsidentschaftskandidaten.

Washington - Der Kandidat sitzt in der Falle. Egal, wo John McCain auftritt: Dem Publikum geht es immer nur um das eine Thema, den Krieg im Irak. Der Krieg hat sich an den Kandidaten gehängt wie ein böser Fluch. Als klarer Favorit war der US-Senator ins Rennen um die Präsidentschaftskandidatur seiner Republikaner gestartet. Doch dann folgte der jähe Absturz in den Umfragen. McCain unterstützt die Irak-Strategie von US-Präsident George W. Bush, und die kriegsmüden Wähler wenden sich dafür von ihm ab. "Ich trete an, um unsere Feinde zu schlagen", sagte McCain trotzig zum Auftakt seine Blitztour durch die USA, mit der er offiziell seinen Wahlkampf eröffnete.

McCain ist sich bewusst, dass es um seine Kampagne nicht gut steht. "Ich möchte lieber die Wahl verlieren als den Krieg", sagte er kürzlich in einem TV-Interview. In seinem Beharren, dass der Einsatz im Irak bis zu einem Sieg durchgefochten werden müsse, schwingt Trotz mit. McCain präsentiert sich als einer, der unbeirrt tut, was er für richtig hält. Seit seiner Wahl zum Senator 1986 hatte er ein Image der Geradlinigkeit und Glaubwürdigkeit kultiviert. Seine persönliche Leidensgeschichte als Vietnam-Veteran, Kriegsgefangener des Vietcong und Folteropfer unterstützte das Bild des furchtlosen Einzelkämpfers, das ihm großes Ansehen in beiden politischen Lagern einbrachte.

Donald Rumsfeld scharf kritisiert

Gerade wegen seiner Popularität bei den nicht parteigebundenen Wählern, deren Stimmen bei US-Wahlen den Ausschlag geben, galt McCain noch vor einem halben Jahr als beinahe zwangsläufiger Kandidat der Republikaner. Nach der Irak-Invasion 2003 hatte sich der frühere Kampfflieger furchtlos gegen die eigene Partei gestellt, die Strategie kritisiert und dem damaligen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld Inkompetenz vorgehalten. Sein Vorwurf: Rumsfelds Konzept gehe nicht auf, die Zahl der US-Soldaten im Irak sei zu niedrig. McCain profilierte sich früh als Kritiker der Kriegsstrategie. Dies nutzte ihm, als das Ausmaß des Debakels sichtbar wurde.

Paradoxerweise setzte McCains Unfrage-Tief ein, als er plötzlich Gehör im Weißen Haus fand: Nach der verlorenen Kongresswahl im Herbst verkündete Bush eine neue Irak-Strategie, die sich auf McCains Idee eines per Truppenverstärkung erkämpften Sieges stützt. McCain verteidigte den Vorschlag vehement und wird nun in erster Linie als Verteidiger der unpopulären Bush-Politik wahrgenommen. Kein anderer Kandidat hat sein Schicksal so sehr an den Irak geknüpft.

Zwei Drittel wünschen Abzug aus dem Irak

McCain stehen zwei Drittel der US-Bürger entgegen, die einen Abzug der Truppen wünschen. Wie er angesichts dieser Stimmungslage das Weiße Haus gewinnen will, verriet er bei der Verkündung seiner Kandidatur nicht. Allerdings bemühte sich McCain, Distanz zu Bush erkennen zu lassen. "Aus den vielen Fehlern, die wir in diesem Krieg gemacht haben, können wir einige Lektionen lernen", sagte er. Der Krieg sei nicht gründlich vorbereitet worden. Nun müsse er allerdings zum Erfolg geführt werden, so unpopulär das auch sei.

Der jüngsten CNN-Umfrage zufolge wollen ihn nur 19 Prozent als Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Den früheren New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani unterstützen hingegen 32 Prozent. Ein wahres Debakel waren McCains Bemühungen um Wahlkampfspenden. Beim ersten öffentlichen Kassensturz Anfang April hatte er nur 5,2 Millionen Dollar auf dem Wahlkampfkonto. Andere Kandidaten verfügen über ein Mehrfaches. Der schwache Spendenfluss verstärkte Zweifel an seiner Zugkraft. Nervös besetzte der Senator Schlüsselposten in seinem Wahlkampfteam neu.

Hinzu kamen selbst verschuldete Patzer: Mal stimmte er auf der Rednerbühne ein Spaßlied mit dem Text "Bombardiert Iran" an, mal bezeichnete er das Leben gefallener US-Soldaten im Irak als "vergeudet", was bei Hinterbliebenen nicht gut ankam. Mit der offiziellen Verkündung seiner längst bekannten Kandidatur erhofft sich McCain nun dringend benötigten Auftrieb für seinen zweiten Anlauf aufs Weiße Haus. Der erste war im Jahr 2000 gescheitert. Einen dritten, das weiß der 70-Jährige, wird es nicht geben. (Von Peter Wütherich, AFP)

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