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Politik: Joschka Fischer unterstützt nachdrücklich die deutsche Beteiligung - der Bundestag muss nun darüber abstimmen

"Das ist ganz allein Joschkas Ding", sagt ein Außenpolitiker der Koalition. Das ist es in der Tat: Wenn demnächst deutsche Sanitäter im fernen Ost-Timor verletzten UN-Soldaten helfen, dann ist dies das Werk des grünen Bundesaußenministers.

Von Robert Birnbaum

"Das ist ganz allein Joschkas Ding", sagt ein Außenpolitiker der Koalition. Das ist es in der Tat: Wenn demnächst deutsche Sanitäter im fernen Ost-Timor verletzten UN-Soldaten helfen, dann ist dies das Werk des grünen Bundesaußenministers. Der Alleingang erwies sich als unerwartet riskant. Nicht nur die Opposition mochte nicht auf der Stelle freudig zustimmen. Auch in den Reihen der Koalition gab es starke Bedenken. In der Sache bestehen sie weiter. Aber niemand will Joschka Fischer offen desavouieren. Und so wird nach Lage der Dinge das Kabinett am Mittwoch beschließen, und der Bundestag wird tags darauf streiten und - zustimmen.

Als Fischer den Plan Mitte September in der Haushaltsdebatte eher beiläufig verkündete, waren nur Kanzler Gerhard Schröder und Verteidigungsminister Rudolf Scharping eingeweiht. Das "Kriegskabinett" aus den Zeiten des Kosovo-Konflikts sah grundsätzlich keine Einwände. Doch unter den Außenpolitikern von SPD und Grünen machte sich ein leises Unbehagen breit. Als Fischer wenig später vor der UN-Vollversammlung eine programmatische Rede hielt, steigerte sich das Unwohlsein. Dass der Grünen-Star einer Stärkung der Vereinten Nationen das Wort redete, war noch Konsens. Aber sein Plädoyer für eine Art humanitäres Kriegsvölkerrecht, ein Recht auf Eingreifen in Fällen schwerster Menschenrechtsverletzungen, löste bei SPD und Grünen Abwehrreflexe aus. Als Fischer dann noch einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat anvisierte, sträubten sich etlichen Außenpolitikern die Nackenhaare.

"Aus Kosovo darf kein Folgezwang kommen", fasst ein führender Außenpolitiker der Koalition die Bedenken in einen Satz. Genau in diese Richtung aber sahen sich die Abgeordneten gedrängt: Ein Symboleinsatz, den der Außenminister durchzusetzen versucht, um Engagement unter Beweis zu stellen. Denn weder ist der deutsche Beitrag unverzichtbar - vor Ort gibt es genug Sanitäter - noch lag eine Anfrage der UN an die Bundesregierung vor.

Fischer kann geradezu von Glück sagen, dass sich Scharping standhaft weigerte, die Expedition zu zahlen. Daraufhin verschob das Kabinett vor einer Woche den Beschluss - was den Außenminister vor einer Niederlage im Auswärtigen Ausschuß bewahrte. Denn als Fischer nach der Kabinettssitzung dort erschien, gingen die Wogen schon hoch. Deutschland, so der Tenor, müsse ja nun nicht überall auf der Welt militärisch Flagge zeigen. Die Union erkannte ihre Chance: Ihr Chef-Außenpolitiker Karl Lamers forderte Unterrichtung durch die Regierung und behielt sich Zustimmung oder Ablehnung vor.

Befördert wurde der interne Widerstand in der Koalition dadurch, dass Scharping keineswegs den Eindruck machte, er stehe mit dem Herzen hinter der Aktion. Es hat mehrere Tage gedauert, bis der Verteidigungsminister öffentlich Fischer beisprang. Aber Scharping sah natürlich, dass das Vorhaben gut in jenes Argumentationsschema passt, mit dem er die Bundeswehr vor dem Sparen bewahren will. Darum wirbt er für die Ost-Timor-Truppe vor allem mit der Begründung, es wäre nicht gut, wenn die Deutschen abseits stünden, während viele Europäer sich an dem Friedenseinsatz beteiligten.

Erleichtert wird Scharping die Sache dadurch, dass er sich ums Geld inzwischen keine Gedanken mehr machen muss. Finanzminister Hans Eichel hat einen Weg gefunden, die monatlich gut fünf Millionen Mark anderweitig aufzutreiben. Ein anderer Sozialdemokrat, der Fischer immer noch grollt, hatte schon vorher einen geeigneten Topf ausgemacht. Sollte doch der Verursacher zahlen: Minister Fischer.

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