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Politik: Jose Maria Mendiluce - ein Kämpfer mit Feinsinn

Der Händedruck ist kurz und kräftig. Der Blick, mit dem José María Mendiluce den Besucher fixiert, signalisiert eine Spur von Herzlichkeit, aber er drückt auch die Einladung aus, möglichst rasch zur Sache zu kommen.

Der Händedruck ist kurz und kräftig. Der Blick, mit dem José María Mendiluce den Besucher fixiert, signalisiert eine Spur von Herzlichkeit, aber er drückt auch die Einladung aus, möglichst rasch zur Sache zu kommen. Denn Zeit hat der Mann wenig. Seinen Wohnsitz und Arbeitsplatz hat er in Barcelona, ansonsten pendelt er als Europa-Parlamentarier zwischen Brüssel und Straßburg. Und wenn Mendiluce im Februar sein Amt als neuer Geschäftsführer von Greenpeace International antritt, wird er in Amsterdam einen weiteren Arbeitsplatz beziehen.

In seinen Büros stehen viele Geräte der modernen Kommunikationstechnologie. Das macht sie unterscheidbar von den karg möblierten, aber Lektüre zu vielerlei Wissensgebieten bergenden Räumen, in denen man ihm vor zehn und mehr Jahren in Managua oder San José de Costa Rica begegnete. Damals war Mendiluce dort für die Uno-Flüchtlingsorganisation ACNUR tätig, zuletzt als Missionschef für Zentralamerika und die Karibik, und sorgte dafür, dass unbeteiligte Zivilisten aus den konfusen Scharmützeln herausgehalten wurden, die sich bewaffnete Einheiten jeglicher Art in diesen Gegenden lieferten. Mendiluces Büros waren schnell eingerichtete und ebenso schnell wieder auflösbare Kanzleien, nicht zuletzt deshalb, weil er so wenig Zeit wie möglich am Schreibtisch verbrachte. In seinem Element war er draußen in den Kriegsgebieten, wo er nebenbei seine Fähigkeit demonstrierte, auch jene eher derben Scherze von sich zu geben, mit denen man sich dort unter Männern Respekt verschafft.

Auf den ersten Blick wirkt Mendiluce so aufgeräumt und ebenmäßig unauffällig wie seine Büros, er scheut jegliche Inszenierung seiner Person. Seine Darlegungen sind eindringlich auf die Sache konzentriert, und wenn er über die Umwelt redet, die nun seine Sache sein wird, dann wirkt er wie ein Vertrauen erweckender Arzt, der über die Weltgesundheitslage informiert.

Dass er feinsinnig scheint, mag an einer anderen Beschäftigung liegen, der er nachgeht: Nebenbei nämlich ist Mendiluce auch noch Schriftsteller. Weil "schreiben die beste Möglichkeit ist, sich über etwas klar zu werden", wie er sagt, und "weil man von seinen Erfahrungen berichten sollte". Er begann mit essayistischen Büchern. Seit einigen Jahren schreibt er auch Romane, in denen er von Gegenden berichtet, "wo die Hitze und die Feuchtigkeit über die Vernunft dominieren und deshalb die Empfindungen über die Regeln, die Emotionen über die Gewissheiten und die Lebenslust über die Normen". Mit seinem zweiten Roman war Mendiluce 1998 Finalist bei dem höchstdotierten spanischen Literaturpreis, dem Premio Planeta.

Mendiluce ist überzeugter Kosmopolit. Ein Sohn baskischer Eltern, der sich nie sonderlich vom - im Grunde provinziellen - militanten baskischen Nationalismus angezogen fühlte. In Madrid, wo er Politikwissenschaften und ökonomie studierte, wurde er zur Franco-Zeit von der Uni gefeuert, weil man ihn, den Bürgersohn aus San Sebastian, den Trotzkisten zurechnete. Heute erinnert er sich mit selbstironischen Scherzen an diese Zeit.

Im Europaparlament sitzt Mendiluce seit 1994. Als Unabhängiger, wie er betont: "Mitunter habe ich mit den Grünen gestimmt." Zur politischen Klasse hat er Abstand gewahrt, trotzdem hat er keine Feinde in der spanischen Politik. Vielleicht liegt es daran, dass einige nun befürchten, Mendiluce werde die Umweltorganisation in die Nähe der Sozialdemokratie rücken. Mendiluce selbst sagt: "Wir müssen auch realistische Problemlösungen anbieten."

Trotzdem hat er eine klare Vorstellung davon, gegen wen er als Greenpeace-Chef zu kämpfen hat: gegen den "neoliberalen Brachialkapitalismus, der nur die Maxime des schnellstmöglichen Profits kennt". Mendiluce schwebt ein ethischer und sozialer Kodex vor, dem sich multinationale Konzerne ebenso unterwerfen sollen wie Regierungen - unter Androhung von Boykott bei Nichtbeachtung.

In der Amtszeit seines Vorgängers Thilo Bode war es still geworden um Greenpeace. Was nicht unbedingt von Nachteil ist - hatte die Organisation doch zuvor ihren Heiligenschein eingebüßt, als bekannt geworden war, dass sie ihre Kampagne gegen die Versenkung der Öl-Plattform Brent Spar auf falsche Messergebnisse gestützt hatte. Mendiluce jedenfalls hat sich vorgenommen, technologischem und wissenschaftlichem Sachverstand bei Greenpeace in Zukunft mehr Platz einzuräumen.

Harald Irnberger

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