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Politik: Jospins Europa-Rede: Eine Regierung für den Euro

Der französische Premierminister Lionel Jospin hat seine Europa-Rede wie ein "Mega-Event" inszeniert. Ort des Geschehens war das Zentrum der Auslandspresse.

Der französische Premierminister Lionel Jospin hat seine Europa-Rede wie ein "Mega-Event" inszeniert. Ort des Geschehens war das Zentrum der Auslandspresse. Jospin wandte sich so von vornherein an ein internationales Publikum. Auch Brigitte Sauzay, die französische Beraterin von Bundeskanzler Gerhard Schröder fand sich ein. Doch was sie zu hören bekam, konnte ihr nicht gefallen. Jospin erteilte Schröders Europa-Thesen in drei Punkten eine Abfuhr.

Für Jospin kommt eine europäische Föderation nach deutschem Modell, wie Schröder sie in Aussicht stellte, nicht in Frage: "Frankreich und andere europäische Staaten können diese Vorstellungen von einer Föderation nicht hinnehmen", sagte Jospin am Montagmorgen bei seiner seit Monaten mit Spannung erwarteten Grundsatzrede. Außerdem lehnte der Premierminister eine Renationalisierung einzelner Politikbereiche, darunter der Landwirtschaft, ab. Auch dies hatte Schröder angeregt.

Zudem sprach sich Jospin für die Schaffung einer Wirtschaftsregierung aus. Dafür schuf der Regierungchef einen neuen Begriff: "Kongress". Jospin versteht darunter eine "ständige Konferenz der Parlamente". Der Kongress "hätte die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu überwachen und jährlich über die Lage der Union zu debattieren". Hier kommt der Premier den Ideen eines Zweikammer-Systems von Joschka Fischer relativ nah. Gleichwohl handelt es sich auch um eine klare Absage an einen europäischen Bundesrat, wie Schröder ihn vorschlug. Wie nicht anders zu erwarten war, favorisierte Jospin "ohne Wenn und Aber" eine "Föderation von Nationalstaaten".

Dass dieser Begriff vage ist, weiß auch Jospin. Deswegen präzisierte er, dass Frankreich den Status eines deutschen Bundeslandes oder amerikanischen Bundesstaates nicht akzeptieren kann. "Wenn man dagegen unter Föderation eine schrittweise und kontrollierte Teilung von Befugnissen und deren Übertragung auf die Union versteht", kann sich der Premier damit anfreunden.

Nach Jospins Auffassung müssen die Institutionen im Dienste der Inhalte stehen, nicht umgekehrt. Zu der inhaltlichen Ausgestaltung sagte Jospin: "Europa ist viel mehr als nur ein Markt". Europa dürfe nicht in der Globalisierung "aufgeweicht" werden. Es "weigert sich, wirtschaftlichen Wohlstand und sozialen Frieden voneinander zu trennen". Dazu solle eine Wirtschaftsregierung und ein Konjunkturfonds gegründet werden, "dem jeder Staat beitreten könnte und mit dem jedes Land, das unter weltweiten Wirtschaftsturbulenzen zu leiden hat, unterstützt werden könnte". Vordringlichstes Ziel sei allerdings die Bekämpfung des "Sozialdumpings". Langfristig seien deshalb eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung und "starke und effiziente öffentliche Dienste erforderlich.

Michael Kläsgen

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