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Politik: Jubel für einen Abwesenden

Die Junge Union feiert die CDU-Chefin bei ihrem Deutschlandtag – vor allem, weil sie Merz lobt

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Mitten im Satz wird Angela Merkel von tosendem Beifall unterbrochen. Gerade will die CDU-Vorsitzende ihren bisherigen Stellvertreter Friedrich Merz loben, der die Diskussion um eine Steuerreform vorangebracht habe. Doch weiter als bis zum Wort „Merz“ kommt sie zunächst nicht – schon bricht der Deutschlandtag der Jungen Union in Jubelstürme aus. Der Parteinachwuchs verehrt Friedrich Merz, den Prediger des Wirtschaftsliberalismus, wie einen Heilsbringer. Merkel nimmt die Sympathiekundgebung für den früheren Gegenspieler gelassen, lächelt und sagt: „Ich hoffe, ihm klingeln jetzt die Ohren.“ Dass sie Merz lobt, tut ihr gut bei den 300 Delegierten des Parteinachwuchses. „Angela Merkel ist nicht immer die beliebteste in der Jungen Union gewesen, aber heute steht sie für ein Ende der Sozialdemokratisierung, dafür unterstützen wir sie“, sagt der wiedergewählte JU-Chef Philipp Mißfelder.

Als die Vorsitzende erscheint, wirkt der rhythmische Applaus noch etwas gekünstelt. Die Delegierten erheben sich wie auf Befehl. Dann spricht Merkel über die Reformnotwendigkeit, über die Erfindung der Dampfmaschine und Deutschlands Chancen auf den globalen Arbeitsmärkten. Zum Reizthema Gesundheitsreform, sagt Merkel nur Grundsätzliches. Es sei doch falsch, meint sie, wenn man behaupte, der Chefarzt werde beim Modell der Gesundheitsprämie genauso stark belastet wie seine Sekretärin. Mehr ist von ihr dazu nicht zu hören. Das erste Einigungsgespräch zwischen CDU und CSU ist zwar offenbar atmosphärisch geglückt. Viel ist noch nicht geklärt worden. Die CDU ist aber ganz zufrieden, dass die CSU akzeptiert hat, die beiden Gesundheitsexperten Bert Rürup und Eberhard Wille mit den Modellrechnungen für einen möglichen Kompromiss zu beauftragen. Außerdem hat die CSU die „Gesundheitsprämie“ geschluckt, auch wenn sie von einer „Kassenprämie“ spricht. Umstritten bleibt aber, wie der Sozialausgleich finanziert werden soll.

Angela Merkel zieht es bei der Jungen Union vor, über anderes zu reden: Welch Unsinn, sagt sie, dass Deutschland es den Franzosen und Amerikanern überlasse, Kernkrafttechnologie für Chinesen und Russen zu produzieren. Welch Unsinn, einen der Zuarbeit für Al Qaida Verdächtigen nicht ausweisen zu wollen. Rauschender Beifall. Hassprediger hätten hier nichts zu suchen. „Richtig“- Rufe erklingen. Als Merkel ihre Kritik am EU-Beitritt der Türkei wiederholt, wird aus dem Beifall fast schon Jubel.

In der an ihre Rede anschließenden Fragerunde will eine Delegierte wissen, wann endlich die Frauenquote in der Union abgeschafft werde. Wieder brechen die – überwiegend männlichen – JU-Mitglieder in Begeisterungsstürme aus. Merkel aber reagiert ganz trocken: Wenn die JU irgendwann einmal sagen könne, dass sie zehn Jahre lang die Quote eingehalten hat, könne man über das Ende der Quote nachdenken. Jetzt kommen sogar vereinzelt Pfui-Rufe. Merkels guten Stand bei der JU kann diese kleine Episode nicht trüben. Als der Parteinachwuchs sie verabschiedet, stehen die Delegierten auf und klatschen rhythmisch – extra laut und extra lange. Auch das ist ein Beitrag zur parteiinternen Reformdebatte.

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