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Jüdisches Sportfest Makkabiade in Berlin: Deutschlands Vergangenheit rückt wieder ganz nahe

Ohne neues jüdisches Leben in Deutschland wäre die Makkabiade nie nach Berlin gekommen. Heute beginnt das Sportereignis mit 2300 jüdischen Sportlern aus 37 Ländern - nicht ohne Konflikte. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Nowakowski

Sie waren Stars, bejubelt in Deutschland. Und wenige Jahre später waren sie verfemt, wurden vertrieben wie die Hochspringerin Gretel Bergmann, oder ermordet wie die Leichtathletin Lilli Henoch und der Ringer Hermann Baruch. Sie repräsentierten Deutschland in der Welt, bis sie es nicht mehr durften, weil sie Juden waren oder als Juden galten. Als die Nazis bei den Olympischen Spielen 1936 der Welt vortäuschten, wie liberal es doch in Deutschland zugehe, da galten die Rassengesetze; die Vernichtung der bürgerlichen Existenz von als jüdisch geltenden Deutschen hatte längst begonnen. Als aus Nachbarn Fremde gemacht wurden, war der Sport nicht ausgenommen. Auch Sportler wurden auf demütigende Weise aus ihren Vereinen vertrieben und aus der öffentlichen Wahrnehmung gedrängt.

Ein jüdisches Sportfest, wo die Nazis die Olympischen Spiele ausrichteten

Diese beschämende Vergangenheit rückt wieder ganz nahe, wenn an diesem Montag die europäische Makkabiade in Berlin beginnt. Das kann nicht anders sein. Die Spiele wecken die Erinnerung an die damalige Vernichtung – aber sie sind zugleich auch ein Triumph über die Barbarei. Es ist ein starkes Symbol, dass fast 2300 jüdische Sportler aus 37 Ländern um den Sieg kämpfen an dem Ort, an dem Hitler die Überlegenheit der germanischen Rasse demonstrieren wollte: im Olympiastadion. Zugleich schließt sich damit ein Kreis. Denn die Idee für den Makkabi-Weltverband entstand in den 20er Jahren in Berlin, als es hier eine reiche jüdische Kultur und eine Vielzahl jüdischer Sportvereine gab.

Ohne neues jüdisches Leben in Deutschland wäre auch die Makkabiade nie nach Berlin gekommen. Zu dieser Entwicklung haben auch das Geschenk der Deutschen Einheit und das Ende des Kalten Kriegs beigetragen. Der Zuzug osteuropäischer Juden hat die jüdischen Gemeinden aufblühen lassen, das Judentum in deutschen Städten wieder unübersehbar gemacht, hat jüdische Kindergärten und Schulen hervorgebracht. Und auch wieder Sportler. Dass Berlin zudem fast so eine hippe jüdische Metropole wie Tel Aviv ist, verdankt die Hauptstadt Tausenden hierher gezogenen jungen Israelis.

Ein guter Gastgeber für heitere Spiele

Konfliktfrei ist es in Berlin trotzdem immer noch nicht, dass jüdische Sportler sich hier im Wettkampf messen. Zu häufig müssen jüdische Berliner sich etwa bei Fußballspielen antisemitische Hetze gefallen lassen. Es ist aber eine Anerkennung eines gewandelten Deutschlands, dass die Maccabi Games in Berlin stattfinden, 70 Jahre nach dem Holocaust. Erst das gewachsene Fundament des Vertrauens hat ermöglicht, dass sich eine selbstbewusste junge Generation deutscher Juden erfolgreich um die Austragung des europäischen Wettbewerbs bewerben konnte. Die Spiele sind zugleich eine Genugtuung für die immer weniger werdenden Überlebenden des Holocausts.

Berlin wird ein guter Gastgeber sein, für heitere Spiele. Dennoch ist eine Makkabiade kein ganz normales Sportereignis wie die Basketball-EM. Die Bedrohung von Juden, auch wenn sie nicht wie in der Nazizeit aus der Mitte der deutschen Gesellschaft kommt, ist nicht aus der Welt. Die Spiele sind deshalb eine Herausforderung für Sicherheitsbehörden und die Polizei. Es schmerzt, dass dazu auch Verhaltensregeln für Sportler gehören wie etwa, keine Kippa zu tragen. So gastfreundlich wie möglich, so sicher wie nötig – beides wird die Spiele begleiten. Auch das gehört leider noch zur schrecklichen Realität für jüdisches Leben in der Welt.

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