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Politik: Jürgen Leinemann, Leiter des Berliner Spiegel-Büros, im Interview

Nein, meine jedenfalls nicht. Allenfalls ergänzt.

Nein, meine jedenfalls nicht. Allenfalls ergänzt. Er hat ja auch selbst immer gesagt, dass er sich nicht verändert habe auf seinem Weg ins Geschichtsbuch.

Haben die neuen Erkenntnisse Ihr Kohl-Bild zerstört? Inwieweit hat es sich verändert?

Sie haben es drastisch bestätigt. Ich habe den Machtpolitiker Helmut Kohl immer als so ruch- und bedenkenlos eingeschätzt, wie er sich jetzt präsentiert. An seiner Grundstruktur hat sich überhaupt nichts geändert. In seiner Partei - die er nach Gutsherrenart zu führen pflegte, ein Patriarch der Familie schon gleich zu Beginn der Kanzlerzeit 1983 - zählten persönliche Abhängigkeiten immer mehr als demokratische Strukturen. Im Laufe seiner Karriere hat er die Partei immer mehr untergebuttert. Sie ist für ihn zu einem Hilfsinstrument geworden, um Ruhm und Macht zu erlangen. Und mit "Bimbes" hat er sogar den Rückzug der Russen geregelt.

Welche Frage würden Sie Herrn Kohl heute stellen wollen?

Ob er seine eigene Menschenverachtung als eine notwendige Voraussetzung für erfolgreiche Politik betrachtet?

Was wird aus Helmut Kohl?

Ein bitterer alter Mann, der - um vor sich bestehen zu können - noch mehr Wirklichkeit ausblenden muß als schon bisher. Sein Ruhm als Einheitskanzler und Europa-Vorkämpfer wird aber bald wieder im alten Glanz erstrahlen. Ich habe das in den USA bei Nixon erlebt: Der war ja nach ein paar Jahren auch wieder der Größte. Allerdings ist der Glorienschein von Helmut Kohl jetzt mit ein paar realistischen Flecken versehen.Jürgen Leinemann leitet das Berliner Büro des "Spiegel". Er hat Helmut Kohls Karriere seit 1976 kritisch begleitet. Im Frühjahr 1998 erschien von ihm eine Sammlung von Reportagen unter dem Titel "Helmut Kohl. Die Inszenierung einer Karriere." Darin beschreibt er, wie das "System Kohl" seine Energie aus dem Beharrungsvermögen der "Legende Kohl" bezieht. Die Stärke Kohls bestehe darin, dass er "unmittelbar im Sinne der eigenen Interessen zu handeln versteht". Nach Meinung eines Rezensenten führte Leinemann, der seit 20 Jahren Politikerporträts schreibt, in seinem Kohl-Buch auch noch etwas anderes vor: "Die Qualen und Windungen eines Kohl-Hassers mit diesem real regierenden Machtpolitiker."

Haben die neuen Erkenntnisse Ihr Kohl-Bild zerst&o

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