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Politik: Jugoslawien: Kirche erkennt Kostunicas Wahlsieg an. Er ruft die Armee und Polizei zur Unterstützung auf

Nahezu stündlich wächst in Jugoslawien der Druck auf die Regierung von Staatschef Slobodan Milosevic, den Wahlsieg der Opposition anzuerkennen. Nach der Massendemonstration von mehr als 200 000 Menschen in Belgrad erkannte am Donnerstag die serbisch-orthodoxe Kirche den Oppositionskandidaten Vojislav Kostunica als neuen Präsidenten der Republik an und rief ihn auf, die Regierungsgewalt auf friedliche Weise zu übernehmen.

Nahezu stündlich wächst in Jugoslawien der Druck auf die Regierung von Staatschef Slobodan Milosevic, den Wahlsieg der Opposition anzuerkennen. Nach der Massendemonstration von mehr als 200 000 Menschen in Belgrad erkannte am Donnerstag die serbisch-orthodoxe Kirche den Oppositionskandidaten Vojislav Kostunica als neuen Präsidenten der Republik an und rief ihn auf, die Regierungsgewalt auf friedliche Weise zu übernehmen. Das Demokratische Oppositionsbündnis (DOS) kündigte Aktionen des zivilen Ungehorsams bis hin zum Generalstreik an, falls Milosevic den Weg für Kostunica nicht freimacht.

Die Heilige Synode, das höchste Beschlussgremium der serbisch-orthodoxen Kirche, rief Kostunica und das von ihm geführte Parteienbündnis auf, "das Staatsruder, das Parlament und die Gemeindekörperschaften in möglichst friedlicher und würdiger Weise zu übernehmen". Die Kirche hat zwar keinen direkten politischen Einfluss, ist aber nach wie vor eine große moralische Autorität in Serbien.

Mehr als 200 000 Menschen folgten am Mittwochabend dem Aufruf der Opposition unter dem Motto "Er ist am Ende!". Kostunica betonte in seiner Ansprache an die Menge, es werde keine Stichwahl am 8. Oktober geben. "Wenn wir uns darauf einlassen, dann würden wir die Lüge anerkennen statt der Wahrheit. Wenn wir uns darauf einlassen, dann würden wir anerkennen, dass der Wille eines einzelnen Mannes, Slobodan Milosevics, stärker ist als der Wille des ganzen Volkes." Kostunica rief Polizei und Armee auf, nicht Milosevics Familie, sondern das Volk zu schützen. "Die Armee und die Polizei sind Teil des Volkes," sagte Kostunica. Auch in anderen Städten kam es zu Massenkundgebungen.

Ungeachtet der internationalen Anerkennung für den Wahlsieg Kostunicas und der wachsenden Protestbewegung veröffentlichte die staatliche Wahlkommission am Donnerstag das offizielle Endergebnis: Kostunica erhielt demnach 48,96 Prozent der Stimmen, Milosevic 38,62 Prozent. Weil Kostunica die absolute Mehrheit verfehlt habe, werde eine Stichwahl am 8. Oktober erforderlich, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Tanjug. Die Opposition geht dagegen aufgrund eigener Stimmenauszählungen von einer absoluten Mehrheit für Kostunica aus: Demnach erhielt der Oppositionskandidat 52,54 Prozent, auf Milosevic entfielen lediglich 32,01 Prozent.

Ein zur Opposition zählender Vertreter der Wahlkommission, Sinisa Nikolic, teilte mit, der Vorsitzende habe dem Gremium das Ergebnis vorgelegt, ohne den Mitgliedern die Prüfung der Daten zu ermöglichen. Die Kommission habe die Ergebnisse von 300 der mehr als 10 000 Wahllokale ignoriert und die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen um 600 000 Stimmen niedriger angesetzt, sagte Nikolic.

Der Wahlkampfmanager der DOS, Zoran Djindjic, kündigte an, die Aktionen der Opposition würden über tägliche Kundgebungen hinausgehen. Geplant sei auch der Aufruf zum Generalstreik, um alle Institutionen und das gesamte System lahm zu legen.

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