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Politik: Jugsolawien: Auf die einfachen Soldaten kann sich Milosevic nicht verlassen

Mit zunehmender Heftigkeit des Machtkampfes zwischen dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und der Opposition nach den Wahlen vom Sonntag wird in Belgrad und den westlichen Hauptstädten über die Rolle des Militärs in dem Konflikt spekuliert. Dabei geht es hauptsächlich um die Frage, ob der bei der Wahl glücklose Präsident die Armee aus den Kasernen holt, um seine angeschlagene Macht nochmals zu sichern.

Mit zunehmender Heftigkeit des Machtkampfes zwischen dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und der Opposition nach den Wahlen vom Sonntag wird in Belgrad und den westlichen Hauptstädten über die Rolle des Militärs in dem Konflikt spekuliert. Dabei geht es hauptsächlich um die Frage, ob der bei der Wahl glücklose Präsident die Armee aus den Kasernen holt, um seine angeschlagene Macht nochmals zu sichern. Doch in Jugoslawien gehen die Meinungen darüber auseinander, ob die Streitkräfte noch eine verlässliche Stütze für das Regime darstellen. Die Mehrheit verneint dies.

Die höheren Ränge dürfte Milosevic nach Meinung von Insidern weitgehend hinter sich haben, doch auf die Mannschaftsdienstgrade kann sich der jugoslawische Präsident nicht unbedingt blind verlassen. Besonders unter den Wehrpflichtigen gibt es viele Soldaten, die mit der Opposition und ihrem erfolgreichen Präsidentschaftskandidaten Vojislav Kostunica sympathisieren. Sie würden sich nicht einfach dazu bereit finden, die Opposition um ihren Sieg bei der Wahl am vergangenen Sonntag zu bringen und den Präsidenten weiter an der Macht zu halten, erklären Beobachter in Belgrad.

"Wenn Milosevic sich dazu entschlossen hat, den Willen der Wähler zu missachten, wird er das möglicherweise mit Gewalt tun", sagt der vom Präsidenten 1998 entlassene frühere Armeechef General Momcilo Perisic, "doch wird er damit keinen Erfolg haben". Es gebe viele Offiziere, die den Sieg der Opposition begrüßt hätten, erklärt Perisic weiter.

Obwohl Perisics Behauptungen schwer zu verifizieren sind, mehren sich die Anzeichen dafür, dass in den Streitkräften zunehmend über das Spannungsverhältnis zwischen Loyalität und Verfassungstreue nachgedacht wird. Aus Armeekreisen verlautet, dass viele Offiziere sich darüber Gedanken machen, wie sie auf einen Befehl zum Einschreiten reagieren sollen.

Dazu kommt noch, dass die Streitkräfte für einen Einsatz im Inneren nicht ausgebildet und von ihrem Selbstverständnis her darauf noch weniger vorbereitet sind. Sie wurden vom früheren Landesvater Josip Bros Tito darauf eingeschworen, das Land gegen äußere Feinde zu verteidigen und sich aus der Innenpolitik herauszuhalten. Auch wenn inzwischen viel vom alten Geist aus den Tagen Titos verloren ist, verstehen viele Offiziere noch immer die Streitkräfte als Waffe gegen äußere, aber nicht gegen innere Feinde.

Dusan Stojanovic

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