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Politik: Junge Türken in Berlin können kaum Deutsch

Studie zeigt Nachteile für Migrantenkinder

Berlin - Als ein „fast historisches Treffen“ hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Integrationsgipfel bezeichnet, zu dem am Freitag 86 Teilnehmer zusammengekommen waren. Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit hat gestern den „Bericht zur gesundheitlichen und sozialen Lage von Kindern in Berlin“ vorlegt, der eine erhebliche Benachteiligung von Migrantenkindern – besonders der türkischen – feststellt.

Merkel sagte, der Gipfel sei der Auftakt zu einem „gesellschaftlichen Dialog“. Es gebe nun gute Chancen, binnen eines Jahres verbindliche Vereinbarungen zu treffen. Sie sollen im Anschluss an den Gipfel in sechs Arbeitsgruppen erarbeitet werden. Die Schwerpunkte orientieren sich an der Integrationserklärung der Bundesregierung vom vergangenen Mittwoch: Integrationskurse, Förderung der deutschen Sprache im frühen Kindesalter, Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarktchancen, Lebenssituation von Mädchen und Frauen, Integration vor Ort sowie Stärkung der Bürgergesellschaft.

Auch Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) nannte das Treffen eine „große Chance für unser Land“. Wenn aus dem Gipfel im nächsten Jahr eine „nationale Strategie“ werde, gebe es eine Antwort auf ein Problem, „das in seiner Bedeutung zunimmt“. Von einer „neuen Ära“ der Integrationspolitik sprach der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat. Die Lebenslüge, Deutschland sei kein Einwanderungsland, sei vorbei.

Der Berliner Kinderbericht fasst die Untersuchungsdaten von rund 21 000 Erstklässlern zusammen, unter denen fast 30 Prozent ausländischer Herkunft sind. Diese Gruppe ist extrem benachteiligt: Die Kinder stammen überwiegend aus der sozialen Unterschicht, knapp die Hälfte von ihnen spricht zum Zeitpunkt der Einschulungsuntersuchung kein oder nur schlechtes Deutsch, sie sind doppelt so oft übergewichtig wie deutsche Kinder und haben häufiger motorische Störungen. Besonders schlecht schneiden in allen Bereichen die türkischen Kinder ab. Alarmierend ist, dass die mangelnde Förderung im Elternhaus auch nicht in den Kindertagesstätten kompensiert wird: Selbst nach mehr als zwei Jahren in einer Kindertagesstätte sprechen noch immer 44 Prozent der türkischen Kinder nur fehlerhaft oder kaum Deutsch. Als Grund nennt die Studie, dass es in den Kindertagesstätten nicht mehr genügend deutsche Sprachvorbilder gebe.

Die Daten stammen aus dem Jahre 2004, wurden aber erst jetzt abschließend ausgewertet. Der Berliner Senat hat in einigen Punkten inzwischen mit Maßnahmen gegengesteuert, etwa mit verpflichtenden Sprachkursen vor der Einschulung und mit Fortbildungen für Erzieherinnen. tib/sve

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