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Justiz: Karlsruhe verhandelt über Vaterschaftstests

Das Verfassungsgericht verhandelt über die Frage, ob heimlich von Vätern eingeholte DNA-Tests für die Anfechtung der Vaterschaft zulässig sind. Justizministerin Zypries will die Feststellung der Vaterschaft erleichtern.

Karlsruhe - Gentests sollten künftig auf Antrag zweifelnder Väter auch dann vorgenommen werden können, wenn kein begründeter Anfangsverdacht an der Vaterschaft besteht, so Brigitte Zypries (SPD). "Es ist vorgesehen, diese bislang geltende Anforderung abzusenken", sagte die Bundesjustizministerin vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Dort verhandelten die Verfassungshüter über die Frage, ob heimlich von Vätern eingeholte DNA-Tests für die Anfechtung der Vaterschaft zulässig sind. Während der Klägervertreter dies verteidigte, wiesen Zypries und verschiedene Verbände auf die Gefahren hin, die von heimlichen Gentests ausgehen können.

Im aktuellen Fall hatte ein Mann geklagt, der mit einem heimlich eingeholten Gentest vor Gericht beweisen wollte, dass seine von ihm rechtlich anerkannte Tochter nicht von ihm stammt. In einem ersten Anfechtungsverfahren war er gescheitert, weil er laut Gericht keinen begründeten Anfangsverdacht vorbringen konnte, obwohl ein Gutachten belegte, das der Mann 90 Prozent seiner Zeugungskraft verloren hatte. In einem zweiten Verfahren bis zum Bundesgerichtshof (BGH) scheiterte er dann mit dem heimlich eingeholten Vaterschaftstest abermals, weil Gerichte solche Tests als Beweis nicht zulassen, da sie gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes verstoßen.

Zypries: Grundrechten der Väter gerechter werden

Zypries will mit Blick auf diese Rechtssprechung nun die Zugangsschwelle für Vaterschaftsfeststellungen absenken, um den Grundrechten der Väter auf Kenntnis der eigenen Abkömmlinge gerechter zu werden. Zugleich will sie aber an einem umfassenden und strafrechtlich sanktionierten Verbot heimlicher Gentests festhalten. Man müsse im Blick behalten, dass ansonsten auch eine Kranken- oder Lebensversicherung das Haar eines potenziellen Kunden oder dessen Speichel an der Kaffeetasse heimlich auf Erbkrankheiten untersuchen lässt, bevor mit ihm ein Vertrag abgeschlossen wird. Heimliche Tests sollten deshalb prinzipiell einem Verwertungsverbot unterliegen, sagte Zypries. Ähnlich äußerte sich auch der Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter.

Bundesweit wurden laut Zypries 2004 vor Gerichten knapp 23.000 Abstammungsverfahren vorgenommen. In 80 Prozent dieser Fälle sei aber festgestellt worden, dass die Kläger auch die leiblichen Väter waren. Wegen dieser hohen Zahl erwägt Zypries nun ein zusätzliches Verfahren einzuführen, in dem zweifelnde Väter ihre Vaterschaft prüfen lassen könne, ohne sie zugleich anfechten zu müssen. "Väter müssen sich dazu dann nicht vom Kind lossagen und eine Ehe unnötig gefährden", sagte Zypries.

Umfassende Reform nicht nötig

Nach Ansicht des Klägervertreters und Rechtsgelehrten Rüdiger Zuck ist eine umfassende Gesetzesreform, wie sie auch vom Interessenverband Unterhalt und Familienrecht gefordert wird, nicht nötig. Es würde genügen, wenn Karlsruhe die Fachgerichte anweist, geltendes Recht verfassungskonform auszulegen und die Anforderungen an die begründeten Zweifel klagender Väter abzusenken.

Bei der Verhandlung wurde deutlich, dass die Richter in Karlsruhe betroffenen Männern womöglich zu mehr Rechten verhelfen wollen. Zumindest der Vorsitzende Richter Hans-Jürgen Papier zeigte reges Interesse an einem Gesetzgebungsantrag aus Bayern. Demnach sollen Väter einen eindeutigen Rechtsanspruch auf einen offenen legalen Abstammungstest erhalten. Ist die Mutter hierzu nicht bereit, kann dies wie auch sonst bei Streitigkeiten über die Ausübung des Sorgerechts durch das Familiengericht geklärt werden. Ein Test darf Vätern nur bei Rechtsmissbrauch verweigert werden. Das Urteil wird voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres verkündet. (tso/AFP)

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