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Telefonate mit der Kanzlerin. FDP-Chef Westerwelle (links) klagt, dass Verteidigungsminister Guttenberg den Eindruck einer zerstrittenen Koalition schüre.

© Frank Ossenbrink

Kabinett: Star-Minister will kein Spar-Minister sein

Karl-Theodor zu Guttenberg genießt seinen Ruf. Dafür riskiert er sogar Ärger mit Kanzlerin und Koalitionspartner. Als problematisch könnte sich die Fehde über die Afghanistanpolitik erweisen, die sich Guttenberg mit Westerwelle liefert.

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Angela Merkels Sprecher verpackt den Rüffel höflich, ein Rüffel bleibt es. In der Reihe der Minister, denen die Kanzlerin schlechte Haltungsnoten ausstellt, ist am Montag Karl-Theodor zu Guttenberg dran. Der Verteidigungsminister hat am Wochenende per Interview wissen lassen, dass er die Sparvorgaben für die Schuldenbremse in seinem Haushalt nicht einhalten könne. Es war nicht das erste Mal, und Merkel fand, das reiche jetzt. Der Minister habe ihre volle Unterstützung für sein schwieriges Amt, ließ sie ihrerseits Regierungssprecher Steffen Seibert ausrichten, aber am Sparziel sei „absolut“ nicht zu rütteln: „Bevor die Gespräche über den Bundeshaushalt nicht begonnen haben, kann man einzelne Ziele nicht als unerfüllbar darstellen.“

Der Ordnungsruf gilt weniger der Sorge ums Geld als der Sorge um das Erscheinungsbild der Regierung. Umfragekönig Guttenberg ist zweifellos ein Aktivposten im Kabinett. Aber der Publikumsliebling nutzt seine Position zunehmend aus. Und die Forderung nach Extrawürsten in der Haushaltsplanung ist nur der sichtbarste Fall.

Als kurzfristig problematischer könnte sich die Fehde über die Afghanistanpolitik erweisen, die sich der CSU-Politiker Guttenberg mit Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle liefert. Der FDP-Chef hat sich darüber schon mehrfach in Telefonaten bei Merkel beschwert. Denn, so Westerwelle unlängst in interner Runde, mit seinen Sprüchen über Abzugstermine und Awacs-Einsätze schüre Guttenberg nicht nur den Eindruck einer wieder mal zerstrittenen Koalition. Er gefährde auch die breite Zustimmung der SPD zum neuen Bundeswehrmandat.

Die Sorge ist nicht unberechtigt. Die Koalition war den Realos in der SPD-Spitze mit der – schwammig formulierten – Zusage entgegengekommen, dass der Abzug aus Afghanistan möglichst Ende diesen Jahres beginnen soll. Guttenberg weist seither aber wieder und wieder darauf hin, dass das nur gehe, wenn es militärisch zu verantworten sei. Das ist nicht falsch, ja seine Pflicht als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt. Aber die Penetranz, mit der er es wiederholt, lässt die Abzugszusage als rein taktisches Manöver dastehen und den Außenminister als verantwortungslos.

Bei der SPD-Linken aber warten viele nur auf einen Grund, einem neuen Mandat nicht zuzustimmen. Guttenberg provoziere mehr Gegenstimmen, heißt es in der SPD-Fraktionsführung. An diesem Dienstag will die Fraktion über das neue Mandat beraten – ein Stimmungsbild, eine Art Probeabstimmung, soll die Lage ausloten. Die SPD-Linke Hilde Mattheis ist schon zum Nein entschlossen. „Unsere Vorgabe war klar: ein konkretes Abzugsdatum im Jahr 2011. Dass der Verteidigungsminister sich nun so vage äußert, weckt bei mir erhebliche Zweifel. Auf dieser Basis kann ich nicht zustimmen.“ Erbost ist Mattheis auch, weil Guttenbergs Haus schon davon redet, demnächst vielleicht ein Awacs-Mandat nachzufordern: „Unglaublich“ sei das Vorgehen des Ministers.

Bei der FDP sehen sie sich durch solche Äußerungen bestätigt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, kleidet den Unmut über Guttenberg in diplomatische Worte: Es entspreche den Interessen der Soldaten im Einsatz, dass sie „in einer möglichst breiten Parlamentsmehrheit Rückhalt haben“, sagt er dem Tagesspiegel. Darum bemühe sich die FDP – und zwar „auch dadurch, dass wir parteiübergreifend die Zuversicht stärken, dass Ende 2011 die Bundeswehrpräsenz in Afghanistan erstmals reduziert werden kann“.

Weniger diplomatisch fiel van Essens Kritik an Guttenbergs Sparunwillen aus: Die Zusagen, die der Minister in der Sparklausur der Regierung gemacht habe, „gelten für ihn weiter“. Im FDP-Präsidium wurde van Essen für diese Kritik ausdrücklich gelobt. Schließlich sitzen dort etliche, die sich gut erinnern, wie Guttenberg seinerzeit im Kabinettssaal verkündet hatte, er könne nur sparen, wenn die Wehrpflicht falle. Dass derselbe Mann nun erklärt, er könne in Wahrheit ohne Wehrpflicht den Sparbeitrag auch nicht leisten, finden nicht nur Liberale dreist. In Merkels Rüffel klingt die Erinnerung an diese Szene ebenso nach.

Die Kanzlerin hat ohnehin schon mehrfach Versuche ihres Starministers gestoppt, ihr einen Verzicht auf die Sparvorgabe abzuluchsen. Zwar darf Guttenberg davon ausgehen, dass er am Ende weniger wird sparen müssen als die bisher eingeplanten acht Milliarden Euro ab 2014. Aber erst mal, sagt ein Unionspolitiker mit einem Unterton von Schadenfreude, müsse der Baron ernsthaften Sparwillen zeigen: „Ohne Fleiß kein Preis.“

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