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Politik: Kämpfe, Streitigkeiten, Putschgerüchte

Der Konflikt zwischen Thailand und Kambodscha flammt wieder auf – mehrere Tote

Die Grenzstreitigkeiten zwischen Thailand und Kambodscha sind von Neuem voll entfacht. Mehrere Menschen wurden getötet und verletzt, als sich am Freitag Einheiten beider Staaten mehrere Stunden lang beschossen. Es war der erste größere Zwischenfall, seit sich beide Staaten im Februar mehrere Tage lang an einem umstrittenen Grenzabschnitt schwere Gefechte geliefert hatten. Kambodscha und Thailand machten sich gegenseitig für den Ausbruch der Kämpfe verantwortlich.

Die Zusammenstöße spielten sich etwa 150 Kilometer südwestlich des Preah-Vihear-Tempels ab, an dem es im Februar schwere Gefechte gegeben hatte. Damals waren zehn Menschen gestorben. Preah Vihear ist der Hauptstreitpunkt zwischen beiden Staaten. Der Tempel gehört völkerrechtlich Kambodscha, beide Staaten beanspruchen jedoch ein 4,6 Kilometer großes Gebiet, das an den Tempel grenzt. Seit 2008 nehmen die Spannungen zu: Damals hatte die Unesco Preah Vihear zum kambodschanischen Beitrag zum Weltkulturerbe erklärt. Bangkok verlangt seitdem die Streichung des Tempels von der Liste.

Nach den Kämpfen im Februar hat der UN-Sicherheitsrat den Asean-Verband darum gebeten, in dem Konflikt zwischen beiden Staaten zu vermitteln. Thailands Regierung erklärte sich nach Verhandlungen dazu bereit, indonesische Beobachter entlang des umstrittenen Grenzabschnitts zuzulassen – ruderte kurz darauf jedoch zurück. Denn Thailands Armee lehnt ausländische Beobachter ab. „Warum möchten sie das umstrittene Gebiet betreten“, fragte Armeechef Prayuth Chan-Ocha. „Dort ist es nicht sicher!“ Stattdessen solle durch Verhandlungen „insbesondere durch die Soldaten“ beider Länder eine Einigung gefunden werden.

Etwa in demselben Zeitraum reagierte Thailands Armee scharf auf Besuche ausländischer Diplomaten auf der kambodschanischen Seite des umstrittenen Grenzgebiets. Der vermutliche Grund für die Unruhe zeigte sich kurze Zeit später: Mehrere Nichtregierungsorganisationen fanden im Konfliktgebiet Beweise dafür, dass Thailand im Februar international geächtete Streumunition eingesetzt hatte.

Die jüngsten Grenzscharmützel kommen zu einem kritischen Zeitpunkt. Denn in Kürze soll Thailands Premierminister Abhisit Vejjajiva das Parlament auflösen und damit den Weg für vorgezogene Neuwahlen freimachen, die Anfang Juli abgehalten werden könnten. Alle Augen richten sich damit derzeit auf die Armee, die 2006 den damaligen, mit großer Mehrheit gewählten Premier Thaksin Shinawatra aus dem Amt geputscht hat und 2008 am Zustandekommen der derzeitigen Regierung von Premier Abhisit beteiligt war. Viele Beobachter bezweifeln, dass die Armee einen erneuten Wahlsieg einer Pro-Thaksin-Partei – in diesem Fall der oppositionellen Puea-Thai-Partei – hinnehmen würde. Daher steigt die Sorge vor einem erneuten Armeeputsch.

Putschgerüchte gehören in Thailand – das seit den 30er Jahren 18 Staatsstreiche erlebt hat – in Zeiten politischer Ungewissheit beinahe zum Alltag. Eine Reihe von Ereignissen in den vergangenen Wochen gibt diesen Gerüchten derzeit jedoch so viel Nahrung wie selten zuvor. Erst diese Woche haben mehrere Armeeeinheiten in Bangkok, darunter offenbar einige, die am Putsch 2006 maßgeblich beteiligt waren, Bereitschaftsübungen abgehalten. Nervös reagierten viele Thais, als am Donnerstag die meisten Satelliten-Fernsehsender – darunter CNN und BBC – im Großteil des Landes zum Teil stundenlang nicht mehr zu empfangen waren. Auch bei dem Putsch 2006 waren die internationalen Nachrichtensender abgeschaltet worden.

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