zum Hauptinhalt

Kambodscha: Rote Khmer auf der Anklagebank

Nach über 30 Jahren beginnt ein Tribunal wegen der Verbrechen in Kambodscha. Angeklagt werden nur die höchsten Führungskräfte.

Teamgeist sprühte nicht, als einheimische und ausländische Richter und Staatsanwälte des Rote- Khmer-Tribunals in Kambodscha am Mittwoch vor die Presse traten. Steif verkündeten sie, dass die Anklagen nach zäher Einigung auf Verfahrensregeln nun erstellt werden können. Hunderttausende Opfer der Roten Khmer warten seit über 30 Jahren auf Gerechtigkeit. Doch das Tribunal, das nach jahrelangem Gerangel 2006 die Arbeit aufnahm, kam bisher nur im Schneckentempo voran.

Kambodschaner selbst geben der kambodschanischen Seite die Schuld. „Dies ist das Beste, was machbar war“, sagt dennoch der Hamburger Staatsanwalt Jürgen Assmann, der die kambodschanische Chefanklägerin Chea Leang berät. Die Schergen Pol Pots rotteten zwischen 1975 und 1979 bis zu drei Millionen Menschen aus, mehr als ein Viertel der Bevölkerung. Dass der Völkermord so lange ungesühnt blieb, hat viele Gründe: „Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates setzten auf dem Rücken der kambodschanischen Gesellschaft den Kalten Krieg fort“, analysiert die Friedrich-Ebert-Stiftung. Sie verweigerten der Regierung, die Vietnam nach der Vertreibung der Roten Khmer 1979 unter dem abtrünnigen Ex-Khmer Hun Sen einsetzte, jahrelang die Anerkennung. Einen von Hun Sen organisierten Schauprozess, in dem der Außenminister der Roten Khmer, Ieng Sary, zum Tode verurteilt wurde, erkannte niemand an. Hun Sen warf der internationalen Gemeinschaft vor, die Geschichtsaufarbeitung torpediert zu haben. Weder USA noch China wollten damals die eigene Rolle in der entsetzlichen Geschichte Kambodschas beleuchten lassen. Die USA hatten das Land als Rückzugsgebiet der Vietcong in Grund und Boden gebombt. China war die große Rückendeckung des Pol-Pot-Regimes.

Hun Sen köderte die letzten Khmer zwischen 1994 und 1998 mit Amnestien, viele sitzen heute in der Regierung. „Wir sollten ein Loch buddeln und die Vergangenheit begraben“, sagte er 1999. Das Tribunal, auf das sich UN und Regierung aufgrund internationalen Drucks nun dennoch einigten, steckt enge Grenzen: Angeklagt werden nur die höchsten Führungskräfte. Davon gibt es nicht mehr viele. Anführer Pol Pot, genannt Bruder Nummer eins, starb 1998 unbehelligt. Nur Chefhenker Kang Kek Leu, geboren 1942, ist in Haft. Die UN-Beauftrage Michelle Lee geht davon aus, dass höchstens fünf bis zehn Personen angeklagt werden. (Von Christiane Oelrich, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false