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Schon vor dem antisemitischen Angriff in Halle stand die Neue Synagoge in Berlin unter Polizeischutz.

© Christoph Soeder/dpa

Kampf gegen Antisemitismus: Regierungsbeauftragter will mehr Einsatz gegen Judenhass – auch von der Regierung

Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein sagt, die Bundesregierung tue „noch nicht genug“ gegen Judenhass. Er wünscht sich mehr Engagement.

Der rechtsextreme Angriff in Halle war für den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung eine Zäsur. Nur knapp seien die Mitglieder der jüdischen Gemeinde einem Massaker entgangen, sagt Felix Klein. Nun könne die antisemitische Bedrohung von niemandem mehr ignoriert werden. „Wir haben es heute mit einem neu erstarkenden Antisemitismus zu tun.“ Klein, der seit Mai 2018 Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus ist, fordert ein entschlossenes Handeln und „neue Strategien“ gegen die Judenfeindlichkeit.

Doch was sollten Staat und Gesellschaft konkret tun? Noch vor dem Angriff in Halle hatte Klein in einem Tagesspiegel-Interview eine Verschärfung des Strafrechts gefordert, damit Taten, die aus antisemitischen Motiven begangen werden, schärfer geahndet werden können.

Nach der Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe NSU war in §46 des Strafgesetzbuches der Passus ergänzt worden, bei der Strafzumessung seien „besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Beweggründe des Täters zu berücksichtigen. Klein schlug vor, an dieser Stelle auch antisemitische Motive aufzunehmen.

Kleins Forderung nach schärferem Strafrecht wurde nicht umgesetzt

Aber als die Bundesregierung vor zwei Wochen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und gegen Hasskriminalität vorstellte, war die von Klein geforderte Gesetzesverschärfung nicht dabei. Sowohl in der Bundesregierung als auch im Bundestag erhielt er offenbar nicht ausreichend Unterstützung für eine entsprechende Änderung des Strafrechts. Begründet wurde dies dem Vernehmen nach damit, dass in dem Gesetzestext bereits „menschenverachtende“ Motive erwähnt seien, was doch den Antisemitismus einschließe. Doch Fälle, in denen der betreffende Paragraf tatsächlich auf antisemitische Straftaten angewendet wurde, sind dem Beauftragten bisher nicht bekannt.

Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.
Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.

© Wolfgang Kumm/dpa

Auf Nachfrage versichert Klein, er fühle sich in seinem Amt „gut unterstützt“ von der Bundesregierung. Doch zugleich kritisiert er, wenn auch diplomatisch, die Regierung, deren Beauftragter er ist: „Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung geht in die richtige Richtung, aber ist noch nicht genug.“ Für den Kampf gegen Antisemitismus wünscht er sich „ein stärkeres Engagement von einigen Ressorts“. In den gerade beschlossenen Maßnahmen gegen Hass im Internet fehle ein Bezug zu antisemitischen Taten, sagt Klein. Hier sei eine „Chance verpasst“ worden.

Projekte zur Prävention von Antisemitismus dürften „nicht unter den Tisch fallen“

Außerdem hofft er, dass Projekte zur Prävention von Antisemitismus „nicht unter den Tisch fallen“, sondern dass im Haushaltsausschuss in letzter Minute doch noch Mittel dafür bereitgestellt werden. Zuvor hatte das Bundesfamilienministerium die Kriterien für die Mittelvergabe an Projekte zur Demokratieförderung geändert.

Als Regierungsbeauftragter, dessen Büro im Bundesinnenministerium angesiedelt ist, kann Klein mahnen und warnen und auch Debatten anstoßen, doch ansonsten sind seine Handlungsspielräume sehr begrenzt. Im Kampf gegen Antisemitismus spricht er sich für eine „Kombination von repressiven und präventiven Maßnahmen“ aus. Es sei dringend geboten, gegen den „völlig entfesselten Judenhass im Netz“ vorzugehen, wenn nötig, mit schärferen Gesetzen.

Außerdem fordert der Beauftragte eine Meldepflicht für antisemitische Vorfälle in Schulen. „Die Schulleitungen sollten einen solchen Vorfall nicht auf ein Problem zwischen Täter und Opfer reduzieren.“ Notwendig sei ein offener Umgang mit dem Thema Antisemitismus. Dafür müssten auch die Lehrer geschult werden, und zwar im Rahmen ihrer Ausbildung.

Zudem sollten die Schüler mehr über jüdisches Leben in Deutschland erfahren. Die Darstellung von Juden in Schulbüchern dürfe sich nicht auf die Zeit von 1933 bis 1945 beschränken.

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