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Kämpfer des "Islamischen Staats" (IS).

© AFP

Update

Kampf gegen den IS: Koalition will Ausweise von Terrorverdächtigen markieren

Die UN fordern von ihren Mitgliedstaaten Aktionen gegen reisende Dschihadisten. Die Große Koalition erwägt nun, die Personalausweise von Extremisten zu kennzeichnen, um unkontrollierte Reisen zu verhindern.

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Wie der Terror von Al Qaida am 11. September 2001, zwingt jetzt auch der Vormarsch der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ Deutschland zur Überprüfung seiner Sicherheitsgesetze. Einstimmig und in ungewöhnlicher Einigkeit hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Nacht zum Donnerstag Aktionen gegen reisende Dschihadisten beschlossen. Die verabschiedete Resolution bindet alle Staaten. Im Kern fordert der von US-Präsident Barack Obama eingebrachte Aktionsplan eine schärfere Kontrolle potenzieller islamistischer Kämpfer. Der deutsche Justizminister hat schon reagiert. Heiko Maas (SPD) kündigte an, das deutsche Strafrecht anhand der Resolution zu überprüfen.

15 000 Extremisten aus Amerika, aus Europa und von allen anderen Kontinenten sind nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste zu den islamistischen Milizen in Syrien gestoßen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat Schätzungen der Vereinten Nationen bekannt gegeben, nach denen es 13 400 Kämpfer aus 80 Ländern sind, die dort mit den Islamisten alles bekämpfen, was ihrer barbarischen Vorstellung des Islam widerspricht.

Mit der Resolution soll jetzt der Zulauf an Kämpfern nach Syrien unterbunden oder zumindest verkleinert werden. US-Präsident Obama warnte in seiner Rede vor der UN-Generalversammlung, wer sich den Islamisten angeschlossen habe, solle „das Schlachtfeld verlassen, solange er noch kann“.

Die Resolution verpflichtet alle Länder, die Bewegungen von Terroristen zu verhindern

Der Sicherheitsrat reagiert aber insbesondere auf die Befürchtung, dass die ausländischen Kämpfer den Terror in ihre Heimatländer zurücktragen könnten. In den USA ist vielerorts bereits eine erhöhte Wachsamkeit angeordnet. Die Resolution verpflichtet nun alle Länder, die Bewegungen von Terroristen und Terrorgruppen zu verhindern. Sowohl „effektive Grenzkontrollen“ als auch Maßnahmen, die das Fälschen von Ausweisen verhindern, gehören dazu. Potenzielle Extremisten sollen daran gehindert werden, in ein anderes als ihr Heimatland zu reisen. Der beschlossene Resolutionstext dehnt die Definition dessen, was unter die Unterstützung potenzieller Kämpfer fällt, weit aus. Schon „Transport“ oder die „Ausstattung“ müsste demnach strafbar sein.

Auch in Deutschland beflügelt die Resolution die Debatte neu. Die Chefs der Sicherheitsbehörden fordern schon länger neue Handhaben gegen Terror-Reisende. Deren Zahl steigt nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ständig. Amtschef Hans-Georg Maaßen präzisierte am Donnerstag im Sender N24, weit über 450 Personen seien schon aus Deutschland Richtung Syrien und Irak gereist, rund 120 seien inzwischen von dort zurück. Bei mindestens zwei Dutzend der Rückkehrer wisse man, dass sie ausgebildet oder sogar schon in Kämpfen eingesetzt worden seien. Sein scheidender Kollege beim Bundeskriminalamt, Jörg Ziercke, wies im Monatsmagazin „Cicero“ darauf hin, dass diese neue Terror-Generation sich mit Internet und Verschlüsselungstechniken auskenne, und forderte mehr rechtliche Möglichkeiten für die Behörden auf diesem Gebiet.

Der Personalausweis darf in Deutschland nicht entzogen werden

Das Hauptaugenmerk von Innenpolitikern liegt aber auch hier schon länger darauf, Verdächtigen das Reisen zu erschweren. Das ist vor allem deshalb schwierig, weil das deutsche Staatsangehörigkeits- und Ausweisrecht als Lehre aus der NS-Zeit die Möglichkeiten stark einschränkt. Der Personalausweis – mit dem Deutsche jederzeit in die Türkei und dann heimlich über die Grenze reisen können – darf so wenig entzogen werden wie die Staatsangehörigkeit, wenn der Betreffende nicht noch einen zweiten Pass hat.

Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff bekräftigte am Donnerstag die Forderung, wenigstens die Personalausweise von Extremisten zu kennzeichnen, um unkontrollierte Reisen zu verhindern. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl will zumindest prüfen, „künftig auch Personalausweise zu kennzeichnen, damit diese nicht zur Ausreise etwa über den Transitstaat Türkei verwendet werden können“. Darauf habe man sich mit der Union verständigt, sagte Högl der „Welt“.

Laut Schockenhoff sollten außerdem nicht nur wie bisher Planung und Ausführung eines Anschlags unter Strafe gestellt werden, sondern bereits die Ausbildung für Terror-Taten. Schockenhoff plädierte an die SPD, den Gesetzentwurf zu unterstützen, den Innenminister Thomas de Maizière (CDU) derzeit vorbereitet.

Justizminister Maas kündigte an, die Regierung werde prüfen, inwieweit die UN-Resolution Änderungen am deutschen Strafrecht notwendig mache. Der Rechtsstaat werde mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Menschen vorgehen, die unter dem Deckmantel des Islam Verbrechen verübten, sagte der SPD-Politiker „Spiegel Online“. Konkrete Schritte nannte er aber nicht, sondern warnte vor Übertreibungen. „Wir dürfen Terroristen aber auch nicht in die Falle gehen“, sagte Maas. „Eine Einschränkung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit ist genau das, was sie bewirken wollen.“

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