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Türkeis Präsident Recep Tayyip Erdogan.

© AFP

Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS): Vor der Großoffensive kommt es zu neuen diplomatischen Bewegungen

Vor der geplanten Großoffensive gegen den IS gibt es wichtige diplomatische Bewegungen in der Region. Türkeis Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt sich mit Iran in Verbindung.

Vor der angekündigten Großoffensive der Türkei und der USA gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien zeichnen sich neue diplomatische Initiativen in der Region ab. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach telefonisch mit dem iranischen Staatschef Hassan Ruhani, dessen Land einer der wichtigsten Unterstützer des syrischen Präsidenten Baschar al Assad ist. Erdogan hat nach eigenen Worten Hinweise auf eine Kursänderung Russlands, des zweiten wichtigen Verbündeten Syriens. Moskau betonte allerdings, es gebe nach wie vor große Differenzen mit dem Westen.

Sobald die derzeit laufende Verlegung amerikanischer Kampfflugzeuge in die Türkei abgeschlossen ist, sollen groß angelegte Luftangriffe auf Stellungen des IS im Norden Syriens beginnen. Am Mittwochabend griff erstmals eine US-Kampfdrohne von der Türkei aus das IS-Hauptquartier im syrischen Rakka an. Ziel der geplanten Offensive ist es, die Terrormiliz von der türkischen Grenze zu vertreiben. Laut US-Angaben sollen vor Beginn der neuen Angriffe mit Kampfjets die Vorbereitungen für Rettungsmissionen abgeschlossen werden, um im Notfall die Piloten abgestürzter Kampfflugzeuge aus Syrien herausholen zu können.

Türkischen Regierungsvertretern zufolge soll im Norden Syriens nach Vertreibung des IS eine Schutzzone entstehen, die zumindest einigen Flüchtlingen die Rückkehr in ihr Land ermöglichen soll. Die Türkei und die USA sind jedoch uneins über Einzelheiten der Offensive. So lehnt die Türkei die Fortsetzung der militärischen Hilfe für die syrischen Kurden im Kampf gegen den IS ab, während die USA die Kurden als unverzichtbaren Partner betrachten. Regierungsvertreter beider Länder sollen versuchen, eine gemeinsame Linie zu finden.

Starke Truppenverbände zusammengezogen

Die Türkei hatte bereits vor Wochen starke Truppenverbände an der syrischen Grenze zusammengezogen. Ein Bodentruppeneinsatz in Syrien ist laut Ministerpräsident Ahmet Davutoglu zwar nicht geplant. Doch sollen die Soldaten die Grenzsicherungen ausbauen und etwaige Angriffe des IS aus Syrien abwehren.

Während die Vorbereitungen für die Offensive laufen, bemüht sich die Türkei darum, mögliche Einwände der iranischen Regierung zu entkräften. Der schiitische Iran befürchtet, dass ein stärkeres Engagement der sunnitischen Mächte Türkei, Katar und Saudi-Arabien im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition eine regionale Machtverschiebung zugunsten der Sunniten einleiten könnte. Auch wird der Türkei vorgeworfen, sunnitische Extremistengruppen wie den IS lange toleriert oder sogar unterstützt zu haben. Ankara weist das zurück.

In seinem Telefonat mit dem iranischen Präsidenten Ruhani betonte Erdogan nach türkischen Regierungsangaben, der IS sei eine Gefahr für die ganze islamische Welt. Es sei wichtig, dass Türkei und Iran als Regionalmächte in dieser Frage an einem Strang zögen. Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif wird kommende Woche zu Gesprächen in Ankara erwartet.

Die Supermächte USA und Russland intensivieren ihre Kontakte ebenfalls, wenn auch bisher ohne greifbare Fortschritte. Die beiden Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow kamen in den vergangenen Tagen zu zwei Gesprächsrunden zusammen.

Alle Beteiligten sind sich einig, dass der syrische Bürgerkrieg nach mehr als 200 000 Toten und mehreren Millionen Flüchtlingen nur durch einen politischen Neuanfang in Damaskus beendet werden kann. Doch Damaskus, Teheran und Moskau lehnen die Forderung des Westens und der syrischen Opposition nach einem Rücktritt von Assad ab.

Während einer Asienreise hatte Erdogan vergangene Woche vor mitreisenden Journalisten gesagt, beim russischen Präsidenten Wladimir Putin zeichne sich in der Frage der Unterstützung für Assad eine Änderung ab. Putin sei heute einer Lösung ohne Assad nicht mehr völlig abgeneigt und werde den syrischen Präsidenten möglicherweise „aufgeben“, sagte Erdogan. In Moskau selbst gibt es aber keine Anzeichen dafür.

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