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Kampf gegen Taliban: Millionen Flüchtlinge dürfen ins Swat-Tal zurück

Pakistans Regierung hat die Militäroffensive gegen die Taliban für beendet erklärt. Die Flüchtlinge dürfen nun ins Swat-Tal zurückkehren. Doch nicht alle wollen das.

Ob die Taliban im nordpakistanischen Swat-Tal tatsächlich geschlagen sind, wie die Militärs und die Regierung in Islamabad behaupten, kann von unabhängiger Seite nur schwer überprüft werden. Ungeachtet dessen haben am Montag aber offenbar die ersten Flüchtlinge die Rückkehr angetreten. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) waren rund zwei Millionen Menschen vor den heftigen Gefechten in der Region geflohen. Etwa 280.000 davon sind in Lagern untergebracht.

Ob die Menschen die Reise allerdings allesamt freiwillig antreten, ist fraglich. So eskortierte die Polizei die Konvois mit den Rückkehrern und sprach davon, dass sie bislang 108 Familien "auf den Weg gebracht" habe. Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichtete aus dem Flüchtlingslager Jalozai davon, dass einige der von den Behörden eingesetzten Fahrzeuge sich halb leer auf den Weg zurück ins Swat-Tal machten. Vertriebene im Camp würden Bedenken gegen eine Rückkehr zum jetzigen Zeitpunkt äußern. Jüngst hatten die UN betont, die Rückkehr müsse aus freien Stücken erfolgen.

Der Grund für die Skepsis der Flüchtlinge liegt in der noch immer angespannten Sicherheitslage in ihrer Heimat. Die Regierung hatte die Offensive in der vergangenen Woche zwar für beendet erklärt. In der Region kommt es aber weiterhin zu vereinzelten Gefechten. "In einigen Gegenden ist noch weitere Aufmerksamkeit des Militärs nötig, aber die Militäroperationen werden auf diese Gegenden beschränkt bleiben", sagte ein Armeesprecher.

Auch ein Regierungsvertreter im Lager Jalozai gab sich unbeirrt und sagte: "Sobald der erste Konvoi sicher in Swat ankommt, werden sich andere Menschen im Camp ermutigt fühlen, und das wird auch ihre Sorgen über die Sicherheitslage in ihren Heimatorten zerstreuen." Die Feinde Pakistans werden nach Möglichkeiten suchen, die Rückkehr zu behindern. "Doch das Militär hat einen umfassenden Sicherheitsplan für die gesamte Route."

Bei der gut zweimonatigen Offensive in Swat und den umliegenden Distrikten waren nach offiziellen Angaben mehr als 1700 Aufständische und rund 160 Soldaten getötet worden. Anders als bei früheren Offensiven war die Operation in Swat von weiten Teilen der Bevölkerung und den meisten Parteien unterstützt worden. Dies veranlasste selbst den britischen Außenminister David Miliband zu freundlichen Worten. Bei einem Besuch in der ostpakistanischen Stadt Lahore lobte er den "noch nie dagewesenen Grad der politischen Einheit" in Pakistan.

Die pakistanische Führung bemüht sich darum, diese Stärke auch in weiteren Militäroperationen unter Beweis zu stellen. Nach eigenen Angaben will sie sich nun der Region Waziristan zuwenden. In den halbautonomen Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan führt der örtliche Taliban-Führer Baitullah Mehsud das Kommando und ist für Islamabad eine ebenso große Bedrohung wie seine Glaubensbrüder im Swat-Tal im Nordwesten des Landes.

Bereits in den vergangenen Monaten ist Pakistans Militär mit Luftangriffen gegen Mehsuds Taliban vorgegangen. So bombardierte die Luftwaffe am Sonntag Ziele nahe Miranshah in Nord-Waziristan und tötete Augenzeugen zufolge mindestens fünf Taliban-Kämpfer. Ein Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben wollte, berichtete auch von Luftangriffen gegen Stellungen der Aufständischen im Süden der Provinz – mindestens acht der Islamisten seien dabei gestorben.

Unterstützt wird die pakistanische Armee von ihren US-Verbündeten. In den vergangenen Monaten waren die Amerikaner immer wieder Angriffe mit unbemannten Flugzeugen gegen mutmaßliche Taliban-Verstecke geflogen. Bei einem Drohnen-Angriff in Süd-Waziristan wurden am Samstag fünf mutmaßliche Taliban-Kämpfer getötet. Ziel des Angriffs sei ein Gebäudekomplex gewesen, das den Taliban als Kommunikationszentrum gedient habe, hieß es ebenfalls aus pakistanischen Geheimdienstkreisen. 

Ermutigt von diesem Erfolgen haben einige pakistanische Stämme damit begonnen, zum Kampf gegen die Taliban traditionelle Milizen aufzubauen, die sogenannten Lashkar. Die Reaktion der Aufständischen erfolgte prompt: Auf Flugblättern haben sie die Bevölkerung vor der Bildung von diesen Milizen gewarnt. Auch die Einberufung der Jirgas genannten Stammestreffen sei verboten, hieß es in den Pamphleten, die am Sonntag auf dem Marktplatz von Miranshah verbreitet wurden. "Sollte ein Clan oder Dorf in irgendeiner Form ein Friedenskomitee gründen, werden die Anführer getötet." Die Verfasser, Verbündete von Baitullah Mehsud, drohten auch mit Selbstmordanschlägen.

ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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