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Politik: Kampf gegen Terror: Netzwerk mit Unbekannten

Als Michael Rolince, Chefermittler bei der US-amerikanischen Bundespolizei FBI, vor zwei Wochen beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden den Ermittlungsstand referierte, stand es ganz klein unten auf seiner Vorlage: 20 Mitglieder und Unterstützer vermuten die Amerikaner in der Hamburger Terroristengruppe um den Todespiloten vom 11. September, Mohamed Atta.

Als Michael Rolince, Chefermittler bei der US-amerikanischen Bundespolizei FBI, vor zwei Wochen beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden den Ermittlungsstand referierte, stand es ganz klein unten auf seiner Vorlage: 20 Mitglieder und Unterstützer vermuten die Amerikaner in der Hamburger Terroristengruppe um den Todespiloten vom 11. September, Mohamed Atta. Einen von ihnen hat die Bundesanwaltschaft jetzt festnehmen lassen. Mounir El M., geboren 1974 im marokkanischen Marrakesch, sitzt seit Mittwoch wegen des dringenden Verdachts in Haft, eine terroristische Vereinigung durch logistische Hilfe wissentlich unterstützt zu haben. Am Anschlag auf das World Trade Center soll er zumindest indirekt beteiligt gewesen sein.

Zum Thema Online Spezial: Kampf gegen Terror Afghanistan: Wege jenseits der Bomben Bundeswehr-Einsatz: Deutschland und der Krieg Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Knapp 600 Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) suchen seit dem 11. September nach Spuren in der Bundesrepublik. Mehr als 100 Personen wurden bereits verhört. Etliche werden telefonisch überwacht. Mittlerweile verfolgen die Ermittlungsbehörden etwa 17 000 Spuren. Als Ergebnis sind inzwischen vier Haftbefehle erlassen worden, wie die Bundesanwaltschaft am Donnerstag bestätigte. Doch drei der Beschuldigten sind untergetaucht. Die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden deuten darauf hin, dass weitere Haftbefehle folgen könnten.

El Ms. enge Verbindungen zu den Attentätern vom 11. September sind nicht nur dadurch belegt, dass er das Konto eines der Attentäter verwaltete - was ihm jetzt zur Last gelegt wird. Nach den BKA-Erkenntnissen gehörte der als sehr religiös beschriebene El M. vermutlich zu einer Gruppe von Arabern um Atta, die sich regelmäßig in einer Moschee in der Hamburger Knoopstraße getroffen haben. Der Islamischen Hochschulgruppe des Todespiloten Mohammed Atta soll er ebenfalls angehört haben. Er studierte auch an der Technischen Universität Hamburg-Harburg.

Auch die Ansichten und das Auftreten El Ms. lassen die Ermittler einen Zusammenhang mit den Attentätern vermuten. El M. soll nach Zeugenangaben befürwortet haben, "Ungläubige" auch mit Gewalt zum islamischen Glauben zu bekehren und dabei in Kauf zu nehmen, dass Menschen getötet werden. Zeitgleich mit dem des Todespiloten Atta und einem der als Mittäter Gesuchten soll sich El Ms. Verhalten im Verlauf des Jahres 1998 verändert und radikalisiert haben. Auch hat er sich nach Erkenntnissen der Ermittler negativ über Juden, Amerikaner und die westliche Welt geäußert. Zudem findet sich im Pass des Marokkaners für das Jahr 2000 ein pakistanisches Visum.

Auch wenn der Vater eines etwa einjährigen Kindes der Bundesanwaltschaft derzeit nicht als direkter Mittäter gilt, legen seine Kontakte in das Netzwerk der Attentäter eine enge Anbindung nahe. Nicht nur, dass er das Testament von Atta mitunterzeichnet haben soll. Zeugen berichten zudem von einem engen freundschaftlichen Verhältnis zwischen El M., Atta, einem der anderen Hamburger Attentäter, Marwan Alshehhi, und dem gesuchten Bahaji. Diese Freundschaften hat El M. in einem Verhör auch bestätigt. Auch zum dritten Attentäter aus Deutschland, Ziad Jarrah, haben die Ermittlungsbehörden Verbindungen gefunden. Selbst mit dem mutmaßlichen Zentrum der Terrorplanungen, der Hamburger Marienstraße 54, lässt sich El M. in Verbindung bringen: Diese Adresse gibt er als vorübergehende Wohnanschrift an.

In der Marienstraße war auch El M.s Frau für ein knappes Jahr gemeldet. Ein Zeuge hat den Ermittlern berichtet, er habe El M. und dessen Frau nach der Geburt des Kindes dort besuchen wollen. Zu einem Besuch sei es dann aber nicht gekommen, da er die Frau nicht habe sehen dürfen.

Solch umfangreiche Erkenntnisse, wie über die Kontakte von El M., haben die Ermittlungsbehörden in der Zwischenzeit indes nicht nur über ihn zusammengetragen. Auf dieser Grundlage laufen mehrere Ermittlungsverfahren bei der Bundesanwaltschaft. Einige sind mindestens so brisant wie der Fall von Mounir El M.

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