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Fragwürdiger Partner: Der syrische Präsident Baschar al-Assad ist verantwortlich für die Lage in seinem Land. Aber eine Lösung kommt wohl zunächst einmal nicht ohne ihn aus.

© dpa

Kampf gegen Terrormiliz IS: Assad ist das kleinere Übel

Frankreichs Präsident schmiedet eine Allianz gegen den IS. Auch Syrien gilt nun als möglicher Partner. Wo es keine saubere Lösung gibt, müssen schmutzige Kompromisse sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Am Tag des Gedenkens an die Opfer hat François Hollande ein Versprechen abgegeben. Frankreich werde „alles tun“, um die „Armee von Fanatikern, die für diese Verbrechen verantwortlich sind, zu zerstören“, sagte der Präsident bei der Trauerfeier in Paris. Weil Frankreich für diesen Kampf Partner braucht, schmiedet Hollande eine internationale Koalition gegen den IS.

„Alles tun“, das ist für die französische Regierung angesichts von 130 Toten mehr als eine Phrase. Deutschlands engster Verbündeter will die Welt sicherer machen und ist dazu bereit, Positionen zu räumen und Wege zu gehen, die noch vor zwei Wochen als verboten galten.

Vor dem blutigen Freitag war Frankreich innerhalb der EU der entschiedenste Gegner einer Einbindung von Baschar al Assad in eine politische Strategie zur Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien. Nun spricht Außenminister Laurent Fabius davon, gemeinsam mit der Armee des Diktators und dessen gemäßigten Gegnern gegen den IS zu kämpfen.

Ist eine Kooperation mit Assad moralisch unzulässig?

Ist es nicht eine ungeheure, moralisch unzulässige Idee, ausgerechnet mit dem Mann zu kooperieren, der mit der Niederschlagung friedlicher Proteste die Zerstörung Syriens provoziert hat, der vor dem Einsatz von Chemiewaffen nicht zurückschreckt und mit Fassbomben gegen die eigene Zivilbevölkerung vorgeht?

Die Frage stellt sich, doch sie stellt sich nicht nur den Franzosen, sondern genauso den Deutschen und ihren westlichen Partnern. Noch lehnen vor allem die USA die Einbindung des syrischen Regimes in den Kampf gegen den IS entschieden ab, auf die dessen Verbündeter Russland schon lange drängt.

Jeder hat andere Feinde in der Region

Aber auch wer skeptisch ist gegenüber Moskaus Machtpolitik, muss die Frage beantworten, wer die Terrormiliz denn tatsächlich am Boden bekämpfen soll. Allein Luftangriffe, so warnen die Experten, können von ihr gehaltene Städte nicht befreien.

Doch jeder der IS-Gegner in der Region hat in Wirklichkeit einen schlimmeren Feind als die Terrormiliz: Für die Türkei sind die kurdischen Milizen in Syrien der Hauptgegner, die irakischen Kurden wollen die Zentralregierung in Bagdad nicht stärken, die Schiiten nicht die Sunniten. Iran und Saudi-Arabien schließlich sehen sich gegenseitig als Hauptfeind. Bodentruppen in die Zentren des IS will keiner schicken.

Deshalb spricht manches für den Versuch, die Armee des syrischen Regimes, die Freie Syrische Armee und moderate Milizen gemeinsam gegen den Hauptfeind der Menschheit in Stellung zu bringen, wie es auch der deutsche Außenminister schon vorgeschlagen hat.

Keine Frage: Der Plan birgt Gefahren und hat hohe moralische Kosten. Rebellen, die vom Westen aufgerüstet und ermutigt wurden, schreien Verrat, wenn sie nun mit einer Armee kämpfen sollen, die ihre Frauen und Kinder tötet. Und das Militär des syrischen Regimes sowie die Geheimdienste Syriens, des Iran und der Hisbollah sollen mit einer Allianz kooperieren, in der die USA eine führende Rolle spielen. Auch wird es eine heikle Aufgabe, Assad erst eine Rolle zu geben, um ihn anschließend loszuwerden.

Doch leider hat jeder andere Vorschlag für den Kampf gegen den IS noch höhere Kosten – die höchsten hätte ein Rückzug Deutschlands aus der gemeinsamen Verantwortung. Die Welt ist gefährlicher geworden. Und wo es keine saubere Lösungen gibt, führt an schmutzigen Kompromissen kein Weg mehr vorbei.

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