zum Hauptinhalt
Irakische Truppen auf dem Weg nach Mossul

© AFP/Ahmad Al-Rubaye

Update

Kampf um IS-Hochburg im Irak: Rotes Kreuz befürchtet Chemie-Angriffe in Mossul

IS-Kämpfer könnten nach dem möglichen Verlust ihrer Bastion Mossul nach Europa kommen, sagt EU-Sicherheitskommissar King. Amnesty International sorgt sich um die flüchtenden Zivilisten

Im Kampf um die irakische Stadt Mossul drängen Hilfsorganisationen auf den Schutz der Zivilbevölkerung. Das Rote Kreuz befürchtet, dass die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) chemische Waffen einsetzen könnte. Krankenstationen rund um Mossul würden für die Behandlung von Opfern chemischer Attacken vorbereitet, erklärte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz am Dienstag in Genf. Dazu gehöre auch die Verteilung von Schutzmasken.
Das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) warnte vor einem Massenexodus aus der Stadt. Die Rückeroberung Mossuls durch die irakische Armee aus der Gewalt der Terrormiliz IS könnte plötzlich rund eine Million Menschen in die Flucht zwingen, warnte ein Sprecher. Laut OCHA haben sich die UN und ihre Partnerorganisationen seit Monaten auf die Versorgung der Menschen aus Mossul vorbereitet. Allerdings verfügten die Helfer über keine Kontakte zum IS.

Unicef befürchtet, dass mehr als 500.000 Kinder und ihre Familien in Mossul in den kommenden Wochen extremer Gefahr ausgesetzt sein werden. Viele Mädchen und Jungen könnten vertrieben werden, zwischen die Frontlinien oder ins Kreuzfeuer geraten, erklärte der Leiter von Unicef Irak, Peter Hawkins.

Auch die Diakonie Katastrophenhilfe forderte eindringlich Schutz für Zivilisten. „Eine humanitäre Notlage muss verhindert werden“, betonte die Präsidentin der evangelischen Organisation, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Der Winter stehe bevor, und Notunterkünfte in der Region müssten rasch fertig gebaut werden. Die Diakonie Katastrophenhilfe hat Essenspakete, Kochgeschirr und warme Decken vorbereitet.

In Erwartung einer großen Flüchtlingsbewegung brachte Unicef Hygieneartikel, Latrinen, mobile Duschen und Materialien zur Wasserversorgung für 150.000 Menschen in die Region. Insgesamt sollten in den kommenden Wochen Hilfsgüter zur Versorgung von 350.000 Menschen bereitgestellt werden. Mobile Teams sollten schwer traumatisierte und verletzte Kinder betreuen und impfen. Das Welternährungsprogramm verfügt in der Region über Lebensmittel, um eine Million Menschen einen Monat lang zu versorgen.

EU-Sicherheitskommissar warnt vor Risiko durch Rückeroberung Mossuls

Der EU-Sicherheitskommissar Julian King hat vor negativen Folgen der laufenden Großoffensive auf Mossul für die Sicherheit in Europa gewarnt. „Die Rückeroberung der nordirakischen IS-Hochburg Mossul kann dazu führen, dass gewaltbereite IS-Kämpfer nach Europa zurückkommen“, sagte King der „Welt“. Das sei eine sehr ernste Bedrohung. 

Allerding gehe er nicht von einem „Massenexodus von IS-Kämpfern nach Europa“ aus, sagte King. Wichtig sei jetzt, durch geeignete Maßnahmen Terroristen immer weniger Handlungsmöglichkeiten zu geben und „insgesamt unsere Widerstandsfähigkeit gegen die terroristische Bedrohung zu erhöhen.“

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hatte die Millionenstadt Mossul im Juni 2014 vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Die seit Monaten vorbereitete Großoffensive zur Rückeroberung der Stadt ist die entscheidende Phase im Kampf gegen die Extremisten. Irakische Sicherheitskräfte begannen am Morgen im Schutze der Dunkelheit mit der Offensive zur Rückeroberung der Stadt.

King plädierte dafür, die Sicherheit von Reisedokumenten zu verbessern. „Derzeit kann man die Passkontrollen an den EU-Außengrenzen zu leicht umgehen, indem man falsche Dokumente vorlegt“, so der EU-Kommissar. „Wir sollten uns auch die Sicherheitsstandards von Geburts- und Heiratsurkunden ansehen - die Dokumente, auf deren Grundlage man Reisedokumente erhält. Es nützt nichts, wenn der Reisepass zwar fälschungssicher ist, aber auf falschen Angaben basiert.“

Am Dienstag will sich King in Berlin mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) treffen und über Terrorismus und organisierte Kriminalität sprechen.

Amnesty: Flüchtenden im Irak drohen Folter und Tod

Paramilitärische Milizen und Regierungstruppen im Irak sind laut einem Bericht von Amnesty International (AI) für schwere Menschenrechtsverstöße und Kriegsverbrechen verantwortlich. Tausende vor der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) geflohene Zivilisten seien „Opfer von Folter, willkürlicher Inhaftierung, Verschwindenlassen und außergerichtlichen Hinrichtungen“ geworden, heißt es in dem am Dienstag vorgestellten, 70 Seiten umfassenden Bericht der Menschenrechtsorganisation. „Nachdem sie den Schrecken des Krieges und der Tyrannei des IS entkommen sind, drohen sunnitischen Arabern im Irak brutale Vergeltungsschläge durch Milizen und Regierungstruppen“, sagte Amnesty-Experte Philip Luther.

Sie würden für die Verbrechen des IS bestraft. „Im Kampf um Mossul müssen die irakischen Behörden sicherstellen, dass solche schweren Menschenrechtsverstöße verhindert werden“, forderte Luther. Die Staaten, die den Militäreinsatz gegen den IS im Irak unterstützten, müssten zeigen, „dass sie solche Verstöße nicht länger dulden“. Der neue Amnesty-Bericht basiert den Angaben zufolge auf Gesprächen mit mehr als 470 ehemaligen Gefangenen, Augenzeugen sowie Verwandten von Personen, die inhaftiert, getötet oder verschwunden sind. (dpa, kna, epd)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false