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Politik: Kanzler fordert Kraftakt für Flutopfer

„Im Osten ist das Aufbauwerk von zehn Jahren vernichtet“ / Regierung beschließt 400-Millionen-Hilfsprogramm

Berlin (Tsp). Bei der Hochwasserkatastrophe in Sachsen sind mindestens acht Menschen ums Leben gekommen. Meteorologen rechnen damit, dass sich wegen zufließender Wassermassen aus Tschechien die Situation in den Regionen entlang der Elbe bis Donnerstag noch dramatisch verschlimmern könnte. In Bayern wurde Regensburg von der Flut erfasst. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach von einer nationalen Notlage, die Bundesregierung beschloss ein 12-Punkte-Programm für die Hochwasseropfer im Umfang von fast 400 Millionen Euro. Die Regierung in München kündigte Hilfen von 65 Millionen Euro an.

Schröder, der sich in Dresden und Grimma ein Bild machte, sagte, in den betroffenen Regionen sei das Aufbauwerk von zehn Jahren in einer Nacht vernichtet worden. Die Schäden könnten eine Milliardensumme erreichen. Er rief zu einem nationalen Kraftakt auf, um die Folgen der Flut zu überwinden. „Das ist die Sache Deutschlands“, sagte der Kanzler. Er regte an, den Solidarpakt II für den Osten vorzuziehen. Auch seine Wahlkampftermine an diesem Donnerstag sagte der Kanzler wegen der Katastrophe ab.

Neben Soforthilfen von 100 Millionen Euro umfasst das Programm der Bundesregierung verbilligte Kredite im Umfang von ebenfalls 100 Millionen und 25 Millionen an Sonderhilfen für die Infrastruktur. Zudem soll ein ABM-Sonderprogramm von 50 Millionen zur Behebung der Schäden aufgelegt werden. Für die Bauern stellt das Agrarministerium 10 Millionen Euro zur Verfügung. Schröder kündigte zudem eine Spendenaktion im Verein mit den TV-Anstalten an.

Der Kanzler warnte davor, die Umweltpolitik angesichts der aktuellen Situation zum Streitthema im Wahlkampf zu machen. Wer dies tue, behindere die Hilfe für die Opfer. Ungeachtet dessen begann eine Debatte, in der Politiker von SPD und Grünen eine weitere Anhebung der Ökosteuer verlangten, während die Union den Atomausstieg infrage stellte. Grünen-Fraktionschef Rezzo Schlauch sagte, bei der Bundestagswahl werde eine „Richtungsentscheidung für oder gegen den Klimaschutz fallen“. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) forderte im Bundeskabinett einen „wirksameren vorbeugenden Hochwasserschutz“. So sei es sinnvoll, Deiche abzureißen und mehr Überschwemmungsflächen zu schaffen. Trittin besuchte mit Grünen-Spitzenkandidat Joschka Fischer Dessau, das am Mittwoch vom Hochwasser erreicht wurde.

FDP-Chef Guido Westerwelle warf den Grünen vor, mit der Hochwasserkatastrophe Wahlkampf zu betreiben. Zu Vorwürfen der Grünen, im Kompetenzteam von Kanzlerkandidat Edmund Stoiber werde Umweltpolitik nicht berücksichtigt, sagte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, Umwelt sei bei der Union Chefsache. Das Thema werde von ihr als Ex-Umweltministerin gut vertreten.

Während sich in Österreich die Lage beruhigte, bedrohte die Flut weiter die historische Innenstadt von Prag.

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