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Politik: Kanzler Schröder: Ich bin keine Verhandlungsmasse Union und SPD wollen Machtbalance

in großer Koalition bis Sonntagabend klären

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Berlin - Anders als erwartet, haben Union und SPD die Kanzlerfrage auch am Donnerstag nicht geklärt. Nun soll bis Sonntagabend die Entscheidung darüber fallen, ob Deutschland weiter von Kanzler Schröder oder einer Kanzlerin Merkel regiert wird. Beide Parteien kündigten vor einem ersten Spitzengespräch zwischen SPD-Chef Müntefering und Schröder, CDU-Chefin Merkel und Bayerns Ministerpräsident Stoiber an, dass bis dahin auch die Machtverteilung in einer großen Koalition ausgehandelt werde. Spekulationen, er werde als Vizekanzler in eine CDU-geführte Regierung eintreten, wies Schröder im SPD-Vorstand nach Angaben mehrerer Teilnehmer zurück. Zugleich nannte er es nicht zumutbar, dass er zur „Verhandlungsmasse“ werde. SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler schloss im Tagesspiegel für seine Person aus, Merkel zu wählen.

Das erste Spitzentreffen zwischen Schröder, Müntefering, Merkel und Stoiber am Donnerstagabend dauerte bei Redaktionsschluss nach über drei Stunden noch an. Über den Inhalt des Gesprächs wurde Stillschweigen vereinbart. Für Sonntagabend ist ein weiteres Treffen geplant. In der Union hieß es, die SPD habe um den weiteren Termin gebeten, damit eine Einigung nicht schon vor den für Montag angesetzten Gremien-Treffen zerredet werden könne. In den Parteien gab es weitere Personalspekulationen. Für das Amt des Bundestagspräsidenten gilt Norbert Lammert (CDU) als aussichtsreichster Kandidat.

Die Gremien von Union und SPD sprachen sich vorbehaltlich einer Verständigung im Personalstreit für eine große Koalition aus. Die Positionen zur Kanzlerfrage blieben aber zunächst unverändert. Merkel und Stoiber betonten, für die Union stehe der Anspruch auf die Kanzlerschaft und auf das Amt des Bundestagspräsidenten nicht zur Debatte. Müntefering bekräftigte, die SPD wolle Schröder als Kanzler. Erwartet wird auch eine Verständigung auf die Struktur eines Kabinetts. Forderungen einzelner SPD-Vorstandsmitglieder, die Option von Neuwahlen offen zu halten, stießen im SPD-Vorstand nicht auf Zustimmung.

Unklar ist, wie weit die Spitzenrunde auch inhaltliche Vorfestlegungen treffen könnte. Müntefering erklärte, eine große Koalition könne nicht die schwarz-gelben Wahlprogramme zur Grundlage haben. SPD-intern gilt der Verzicht der Union auf die Lockerung des Kündigungsschutzes und der Tarifautonomie als unabdingbare Voraussetzung für eine Koalition. Merkel versicherte ihrerseits im CDU-Präsidium, sie werde in den Gesprächen für das Wahlprogramm der Union eintreten. Vor Journalisten sagte sie, eine große Koalition dürfe nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner setzen, sondern müsse eine „Koalition der neuen Möglichkeiten“ werden.

In der CSU-Führung wurden erste personelle Weichen gestellt. Stoiber stellte in der CSU-Führung klar, dass er nicht das Finanzministerium anstrebt. In Frage kämen eher die Bereiche Auswärtiges oder Wirtschaft. Für einen zweiten Ministerposten brachte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos Parteivize Horst Seehofer ins Gespräch. Glos nannte zugleich das Landwirtschaftsministerium als interessante Domäne für die CSU.

Eine knappe Mehrheit der Bürger will die große Koalition. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap für den Deutschlandtrend von ARD und Tagesspiegel.

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