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Politik: Kanzler setzt eine außenpolitische Agenda 2006

Schröder will die Nato reformieren, einen Sitz im Sicherheitsrat und ein neues Verhältnis zu den USA

Berlin Bundeskanzler Gerhard Schröder ergänzt seine innenpolitische Agenda 2010 um eine außenpolitische. Demnach soll bis 2006, dem Jahr der Bundestagswahl, sowohl das Verhältnis zu den USA inhaltlich neu gestaltet als auch die Nato organisatorisch reformiert werden. Seine Pläne wollte Schröder am Sonnabend auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorstellen. Wegen einer Grippe wird seine Rede nun aber von Verteidigungsminister Peter Struck verlesen. Die Regierung betonte, der Kanzler könne wirklich nicht kommen, es handle sich „nicht um eine diplomatische Grippe“. Wesentliche Inhalte wurden am Freitag vorab von der in München herausgegebenen „Süddeutschen Zeitung“ verbreitet.

Flankiert werden Schröders Vorstellungen von der Forderung des Bundespräsidenten, weltweit mehr Geld für Entwicklungshilfe und damit den Kampf gegen Armut bereit zu stellen. Armut, sagte Horst Köhler am Freitagabend auf der Konferenz, verhindere Sicherheit.

Schröder schlägt vor, dass die Regierungen der EU und der USA ein „hochrangiges Panel unabhängiger Persönlichkeiten von beiden Seiten des Atlantiks einberufen“. Dieses Panel solle bei der Lösung der Aufgaben bis Anfang 2006 helfen, so wie es UN-Generalsekretär Kofi Annan „uns für die notwendige Reform seiner Organisation vorgemacht hat“. Offenkundig soll dann ein EU-USA-Gipfel stattfinden. Die Persönlichkeiten, die einem „Rat der Weisen“ angehören sollen, müssten nach Vorstellungen des Kanzleramts etwa Bedeutung und Ansehen des bisherigen US-Außenministers Colin Powell haben.

Die kritische Bestandsaufnahme Schröders lautet zusammengefasst: Er stellt in Frage, dass die Nato an die neuen Herausforderungen, die „zum Teil dramatisch“ seien, hinreichend angepasst worden ist. Jedenfalls sieht sie Schröder in seinem Redemanuskript „nicht mehr als primären Ort“ der Kooperation und Konsultation, zumal vor dem Hintergrund des „wachsenden Gewichts“ der EU. Im Kanzleramt werden die Instrumente der Konsultation als „entleert“ bewertet. Zur Analyse gehört aus Schröders Sicht, dass die „strategischen Herausforderungen heute sämtlich jenseits der alten Beistandszone liegen“ und sie „primär keine militärischen Antworten erfordern“.

Die Zusammenarbeit mit den USA stellt der Kanzler deutlicher als je in einen internationalen Rahmen. Schröder hebt als Beispiel die G8 und deren Programm zum Nahen und Mittleren Osten hervor. Als Ziele der Sicherheitspolitik definiert er: „Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, guter Regierungsführung, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung, Bildungschancen, Frauenrechten und des Erhalts der natürlichen Lebensgrundlagen.“ Der Bundespräsident erklärte, ihn stimme nachdenklich, dass die weltweiten Militärausgaben „über 900 Milliarden Dollar“ betragen würden, „mehr als das Zehnfache der Entwicklungsleistung der OECD-Länder“.

Zur Rolle Deutschlands hält Schröder fest: „Auch mein Land hat das Verständnis seiner internationalen Rolle verändert.“ Es sehe sich „heute im europäischen Verbund als mitverantwortlich für die internationale Stabilität und Ordnung“. Aber aus der Mitverantwortung „folgt auch Mitsprache“. Wörtlich heißt es in der Fassung der Rede, die dem Tagesspiegel vorliegt: „Unser Wunsch, Deutschland als Ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Uno zu sehen, entspringt diesem auf Legitimation abzielenden Zusammenhang.“

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