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Politik: Kanzlerherz für Kinder

Der Kanzler greift tief in die Grundsatz-Kiste. "Politik der Freiheit handelt davon, wie Menschen leben wollen, nicht wie sie leben sollen", doziert Gerhard Schröder.

Von Robert Birnbaum

Der Kanzler greift tief in die Grundsatz-Kiste. "Politik der Freiheit handelt davon, wie Menschen leben wollen, nicht wie sie leben sollen", doziert Gerhard Schröder. Es geht am Donnerstag im Bundestag zwar gar nicht um die nächste Neuerfindung der Neuen Mitte, sondern um die Familienpolitik. Einziger erkennbarer Anlass für die Regierungserklärung - die erste überhaupt eines Kanzlers zu diesem Thema - ist aber der nahende Wahlkampf. Darum geht es eben doch darum, wer die Mitte der Gesellschaft besser repräsentiert. Und das auf einem Feld, in dem CDU und CSU traditionell hohe Kompetenz beanspruchen.

Schröders Selbstbilanz zielt darauf ab, diesen Anspruch zu erschüttern. Dazu dient ihm zum einen der wiederholte Vorwurf, die einschlägigen Urteile des Verfassungsgerichts widerlegten die angebliche Familienfreundlichkeit der Vorgänger-Regierungen. Zum anderen reklamiert Schröder einen "Politikwechsel hin zu einer wirklich familienfreundlichen Gesellschaft". Wobei sich die Wirklichkeit von Familie eben verändert habe und vielfältiger geworden sei: "Familie ist der Ort, wo Menschen ganz unmittelbar Verantwortung für einander tragen, und da vor allem für Kinder."

An den Vorstellungen der Union schließlich lässt Gerhard Schröder kein gutes Haar: nicht bezahlbare Versprechungen, "Bevormundung" der Menschen, "Ideologie" wirft er - ohne sie beim Namen zu nennen - CDU und CSU vor.

Die Union hat - nach kurzer Überlegung, ob dies nicht ein Tag des Kanzler-Kandidaten werden könnte - ihren Fraktionschef Friedrich Merz zur Antwort ans Pult geschickt. Auch Merz fährt schweres Grundsatz-Geschütz auf.

Als Munition dient ihm der Vorwurf, Rot-Grün wolle die traditionelle und - der CDU-Politiker weist darauf hin - wie die Familie vom Grundgesetz geschützte Ehe durch ihre Politik verdrängen. Das Leitbild der Mutter, die die Kinder erzieht, solle " ersetzt" werden durch das Leitbild der Doppelverdiener-Eltern, argwöhnt Merz. Außerdem - da ist sich der Unionsfraktionschef mit den Rednern aller anderen Oppositionsparteien einig - sei Schröders heutiges Engagement für Familien und Kinder nicht glaubwürdig. Gut in Erinnerung sei schließlich noch, wie er als frischbackener Kanzler bei der Verteilung der Kabinettsposten die Familienpolitik eingestuft habe: als "Gedöns".

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