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Hinter der Ostgrenze geht es weiter. Die EU will auch weiter ihre Östliche Partnerschaft pflegen.

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Update

Kanzlerin bremst EU-Beitritts-Hoffnungen aus: Ukraine, Georgien und Moldau sind enttäuscht von Angela Merkel

Ab heute abend treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU in Riga mit Spitzenvertretern aus sechs Ex-Sowjetrepubliken. Drei von ihnen - die Ukraine, Moldau und Georgien - streben nach Westen. Aber ihre Erwartungen dürften sich beim Gipfel in Lettland kaum erfüllen.

Ein russischer Vertreter sitzt nicht mit am Tisch, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union mit ihren Kollegen aus sechs Ländern jenseits der EU-Ostgrenze an diesem Donnerstag zum Abendessen in Riga versammeln. Und dennoch dürften Russland und die Politik von Wladimir Putin einen erheblichen Raum beim Gipfel der Östlichen Partnerschaft einnehmen, der heute in der lettischen Hauptstadt beginnt.

Die Spitzenvertreter aus den Ex-Sowjetrepubliken Ukraine, Georgien, Moldau, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland, die am Tisch der EU Platz nehmen, pflegen jeweils ganz unterschiedliche Beziehungen zu Russland. Besonders angespannt ist das Verhältnis zwischen Kiew und Moskau. Deshalb ist das Treffen in Lettland auch eine heikle Angelegenheit – der Krieg zwischen Regierungstruppen und pro-russischen Separatisten nahm mit der Östlichen Partnerschaft der EU seinen Anfang.

Ukraine erhält weitere finanzielle Unterstützung von der EU

Die seit 2009 bestehende Östliche Partnerschaft, mit der die sechs Ex-Sowjetrepubliken näher an die EU herangeführt werden sollen, führte nämlich Ende 2013 zum Eklat, als der damalige ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch vor einem EU-Ostgipfel in Vilnius wegen des Drucks aus Moskau ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union kurzerhand auf Eis legte.

Die Folgen sind bekannt: Es gab pro-europäische Massenproteste in Kiew, Russland annektierte die Krim, die Kämpfe im Osten des Landes dauern bis heute an – trotz des im Februar abgeschlossenen Minsker Abkommens. Inzwischen ist man sowohl in Brüssel als auch in Berlin bemüht, die Ost-Partnerschaft neben dem Krieg in der Ukraine nicht zu einem zusätzlichen Konfliktherd im Verhältnis zu Russland werden zu lassen. Es gehe für die Ex-Sowjetrepubliken bei der EU-Partnerschaft „nicht um ein Entweder-Oder“, heißt es in Regierungskreisen in Berlin. Mit anderen Worten: Die Ukraine, Georgien, Moldau, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland sollen sich nicht gezwungen sehen, sich zwischen Russland und dem Westen entscheiden zu müssen.

Dies gilt selbst für die Ukraine, zu deren finanzieller Unterstützung sich die EU in Riga ausdrücklich bekennen will: In Lettland soll eine Erklärung zur weiteren finanziellen Unterstützung in Höhe von 1,8 Milliarden Euro unterzeichnet werden. Aber dennoch kann sich die Ukraine keine Hoffnungen machen, dass in der lettischen Hauptstadt eine Visafreiheit für die Bürger in Kiew oder Lwiw beschlossen wird, wie sie bereits für Moldau besteht. Frühestens am Jahresende können die Ukrainer mit einem Beschluss zur Visafreigabe rechnen. Ob es zu einem EU-Beitritt der Ukraine kommen wird, steht sowieso in den Sternen. Die EU-Ostpartnerschaft sei „kein Instrument der Erweiterungspolitik“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag.

Ukraine, Georgien und Moldau sind mit Entwurf der Gipfelerklärung unzufrieden

In dem bisherigen Entwurf der Rigaer Gipfelerklärung ist davon die Rede, dass die europäischen Wünsche der Länder östlich der Europäischen Union anerkannt werden - allerdings wird dabei lediglich auf die Assoziierungsabkommen Bezug genommen, über welche die Ukraine, Georgien und Moldau bereits verfügen. Assoziierung bedeutet indes nicht dasselbe wie EU-Beitritt. Der vorliegende Entwurf der Gipfelerklärung gehe daher der Ukraine, Georgien und Moldau nicht weit genug, hieß es am Donnerstag in EU-Diplomatenkreisen.

Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland sind auf Ost-Kurs

Dagegen verfolgen die drei übrigen Partnerschaftsländer Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland einen ganz anderen Kurs - und zwar Richtung Osten. Armenien und Weißrussland gehören zur Eurasischen Wirtschaftsunion, mit der Kremlchef Putin ein Gegengewicht zur Wirtschaftspolitik der EU schaffen möchte. So ist es auch nicht überraschend, dass die sechs Partnerländer in der Frage gespalten sind, wie man Russland nach der Annexion der Krim im März des vergangenen Jahres begegnen soll. Laut dem ursprünglichen Entwurf der Gipfelerklärung sollte die Annexion verurteilt werden. Dies passte allerdings Armenien und Weißrussland nicht – nun wurde noch während des Auftakts des Treffens nach einer Kompromisslösung gesucht.

Dass Russland seinen wirtschaftlichen Einfluss in der Region nach wie vor geltend macht, wurde auch deutlich, als die Ukraine in der Nach-Janukowitsch-Ära dann doch das zunächst von Moskau torpedierte Assoziierungsabkommen mit der EU abschloss. Wegen der russischen Bedenken sollen die Freihandelsbestimmungen des Abkommens erst ab Anfang 2016 in Kraft treten. Die Annäherung zwischen der EU und ihren östlichen Partnern dürfe sich nicht negativ auf Russland auswirken, sagte der Moskauer Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag in Brüssel.

Erst im Juni soll über Verlängerung der Sanktionen diskutiert werden

Nach Angaben aus dem Kanzleramt ist beim Gipfel keine Diskussion über die EU-Sanktionen gegen Russland zu erwarten. Erst im Juni steht ein entsprechender Beschluss zur Verlängerung der Strafmaßnahmen bis zum Jahresende an. Ob die Sanktionen gegen Moskau dann anschließend komplett auslaufen, bleibt allerdings abzuwarten.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte in einem am Mittwoch ausgestrahlten Interview mit dem britischen Sender BBC gesagt, dass sich sein Land in einem „echten Krieg“ mit Russland befinde. Zuvor hatte das ukrainische Militär erklärt, in der umkämpften Region im Osten des Landes seien zwei „russische Soldaten“ gefangen genommen worden. Poroschenko verlangte von den Staatschefs der Europäischen Union, dass die Sanktionen gegen Russland auch in Zukunft beibehalten werden müssten.

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