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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der Bundespressekonferenz.

© Reuters

Kanzlerin vor der Bundespressekonferenz: Angela Merkel: "Herr Rösler ist gerne Vizekanzler"

Es ist zwar fast Herbst, aber für den jährlichen Sommerauftritt von Kanzlerin Angela Merkel vor der Bundespressekonferenz reicht es noch. Sommerfrische ist aber nicht zu spüren.

Angela Merkel macht Hoffnung. "Kalendarisch ist ja noch Sommer", sagte die Bundeskanzlerin zu Beginn ihres Auftritts vor der Bundespressekonferenz an diesem Montag. Traditionell tritt die Kanzlerin oder der Kanzler im Sommer vor die Bundespressekonferenz, meist ist das vor der Sommerpause. Nur war diesmal mal wieder der Euro schuld, dass es nicht geklappt hat. Diesmal ist es also mehr ein Auftakt zum politischen Herbst, wenngleich sich Merkel auch mit ihrem cremefarbenen Anzug bemüht, für Sommerstimmung zu sorgen.

Bevor Merkel aber ihren Ritt durch die breite politische Landschaft beginnt, ist es doch eher eine kleine Regierungserklärung der Kanzlerin zur Euro-Rettung, mit der Merkel startet. Sie kündigte weitere Schritte an. Im November werde ein EU-Sonderrat die mittelfristige Finanzplanung der EU bis 2014 beschließen, kündigte Merkel an. Im Dezember sollten dann Vorschläge „beschlussreif vorliegen“, wie es politisch in der Gemeinschaft weitergehe. Als Themen nannte die Bundeskanzlerin die Einrichtung einer europäischen Bankenaufsicht, die Frage, ob der Fiskalpakt in der jetzigen Form ausreiche, sowie eine bessere wirtschaftspolitische Koordinierung.

Video: Merkel - "Meinungsfreiheit kennt Schranken"

Merkel kündigte zum Auftakt gleichzeitig an, welche zwei Themen bis Ende des Jahres im Mittelpunkt stehen werden. Zum einen die Energiewende und zum anderen eine Demografiestrategie. Und das nutzt die Kanzlerin, um ihrer Arbeitsministerin Ursula von der Leyen noch einmal klar zu machen, wie ihre Stellung ist. Denn Merkel sagt, dass es demnächst viele Arbeitsgruppen geben werde, die "erste Ergebnisse" liefern sollen bei diesem Großthema. "Alles andere ordnet sich da ein", sagte sie. Auch die Bekämpfung der Altersarmut, die von der Leyen mit ihrem umstrittenen Vorschlag der Zuschussrente angehen wollte. Sprich: Auch von der Leyen soll sich einordnen. Später sagt Merkel immerhin noch: "Die Zuschussrente wird sicher Modifikationen erfahren, aber die Ministerin hat ein richtiges und wichtiges Thema auf die Tagesordnung gesetzt."

Beim Thema Energiewende lehnte Merkel ein direktes staatliches Eingreifen gegen hohe Strompreise ab. „Wir planen dazu keine direkten Gegenmaßnahmen“, sagte sie.

Der Auftritt Merkels vor der BPK ist ebenso traditionell auch die Stunde der Auslandskorrespondenten, die die Chance nutzen, der deutschen Bundeskanzlerin zahlreiche außenpolitische Fragen zu stellen. Und davon gibt es derzeit jede Menge. Der Solarstreit mit China ist genauso ein Thema, wie natürlich die Proteste in der arabischen Welt. Merkel betont, dass in Deutschland die Religionsfreiheit ebenso gelte wie die Meinungsfreiheit. "Das ist ein hohes Gut, wofür es aber auch Schranken gibt", sagte Merkel.

In Bildern: Die blutigen Proteste in der arabischen Welt:

Sie verurteilte aber auch die Gewalt. "Gewalt ist kein Mittel, eine andere Meinung zum Ausdruck zu bringen", erklärte die Kanzlerin, die auch Zweifel daran hat, dass das öffentliche Zeigen des Videos erlaubt wird. "Die zuständigen Behörden prüfen, ob das öffentliche Zeigen des Videos zu einer Störung der öffentlichen Sicherheit führen wird. Es gibt gute Gründe, dass das so ist, aber die Behörden prüfen das noch." Das Einreiseverbot gegen den christlichen US-Prediger Terry Jones verteidigte Merkel.

Auch das Steuerabkommen mit der Schweiz wird thematisiert und Merkel wirbt für eine Unterzeichnung des Abkommens, wogegen sich die SPD stemmt. Und im Atomstreit mit dem Iran dringt Merkel nach wie vor auf eine politische Lösung. „Ich glaube, dass der politische Spielraum nicht ausgeschöpft ist.“

Die Diskussion über künftige Koalitionen wird lauter

Den größten Raum nimmt aber der Euro ein. Merkel stärkt Bundesbank-Chef Jens Weidmann im Streit um unbegrenzte Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) den Rücken gestärkt. Es sei ganz normal, dass sich der Bundesbank-Präsident einmische. Außerdem forderte sie eine engere europäische Zusammenarbeit. „Wir brauchen mehr Verbindlichkeit“, sagte Merkel. Insbesondere die wirtschaftspolitische Koordinierung müsse verbessert werden. Auch zur aktuellen Situation in Griechenland bezog Merkel Stellung. Sie forderte Beiträge zur Entschärfung der Krise von reichen Griechen und mit Blick auf die ärmeren Menschen in Griechenland, die besonders unter der Krise leiden, sagte sie. "Mir blutet das Herz." Sie bekräftigte gleichzeitig, dass harte Reformen notwendig seien, aber auch, dass sie sich wünsche, dass Griechenland im Euro-Raum bleibe.

Allerdings blieb neben dem Euro auch Raum für ein paar innenpolitische Themen. So auch die zahlreichen Pannen in den Sicherheitsbehörden bei der Aufarbeitung der NSU-Mordserie. "Die Aufklärung läuft an etlichen Stellen nicht so, wie wir das für richtig halten", sagte Merkel. „Daraus müssen Konsequenzen gezogen werden.“ Einiges sei schon passiert, anderes müsse noch folgen. Es gebe an vielen Stellen Verbesserungsbedarf. Auch sollten etwa Löschfristen für Akten vereinheitlicht werden.

Video: Merkel - "Meinungsfreiheit kennt Schranken"

Knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl wird auch in der CDU die Diskussion über künftige Koalitionen lauter - vor allem angesichts der schwindenden Mehrheit für Schwarz-Gelb. Doch Merkel bekräftigte bei ihrem Auftritt noch einmal ihre Sympathien für diese Koalition. Die Gemeinsamkeiten zwischen CDU, CSU und FDP seien im politischen Spektrum einfach am größten. „Deswegen habe ich eine solche Koalition angestrebt. Deshalb werde ich das auch wieder tun“, fügte die Kanzlerin hinzu. „Ich sage als Parteivorsitzende, dass ich gerne ein solches Bündnis fortsetzen würde“. Zuletzt hatten führende CDU-Politiker aus den Ländern Sympathien für eine große Koalition erkennen lassen. Und außerdem gibt es laut Merkel einen fundamentalen Unterschied zwischen Schwarz-Gelb und einer großen Koalition, der ihr gar nicht passen dürfte. „In einer großen Koalition gibt es immer noch einen Partner, der möchte auch den Kanzler stellen." Und Merkel fügt hinzu: "Herr Rösler ist gerne Vizekanzler - und das kann ich gut verstehen.“

Merkels Streifzug durch die nationale und internationale Politik ist geprägt von Routine und Konzentration. Ihre und die Arbeitsfähigkeit ihrer Koalition unter Beweis zu stellen war ihr wohl wichtiger, als Sommerfrische zu versprühe - was kurz vor dem Herbst wohl auch nicht die richtige Ansage gewesen wäre. Merkels Fazit: "Ich bin voll beschäftigt."

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