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Du hast das größere Problem! - Nein, Du!

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Kanzlerkandidatur bei CDU und SPD: Die Hinhaltetaktik tut keinem gut

Angela Merkel gegen Sigmar Gabriel bei der nächsten Bundestagswahl – oder doch nicht? Das Warten auf die Personalie zieht viele in Mitleidenschaft. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ist das eine Gemengelage! Die beiden – noch – großen Parteien CDU und SPD, die – noch – miteinander im Bund koalieren, aber bald um die Macht konkurrieren, wissen nicht, mit wem an der Spitze sie das tun werden. Und das tut beiden nicht gut. Wie man mit jedem Tag mehr sieht.

Mit dem Wort „beide“ ist gleich eine doppelte Konstellation gemeint. Es sind einmal die zwei, die gegenwärtig die Koalition führen, Angela Merkel und Sigmar Gabriel, die Kanzlerin und ihr Vize, und dazu ihre Parteien, denen sie vorstehen. Alle, wie sie da sind, werden gerade in Mitleidenschaft gezogen.

Zunächst zu Merkel. Sie lässt die Frage immer offen, ob sie bei der Wahl 2017 noch einmal antritt. Oder vielmehr: Sie beantwortet die Frage so, dass alle alles mögliche darunter verstehen können. Der Wettbewerb um die beste Interpretation ihrer Aussagen aber zieht die Konzentration ab von der Frage, die auch noch unbeantwortet ist: wozu CDU?

Die Frage ist deswegen nicht banal, weil die Moderaten ein klares Bekenntnis benötigen, dass es in der CDU so weitergeht. Also dass das C für christlich das S für sozial stark macht. Zugleich wollen aber auch die Konservativen wissen, ob die Öffnung eines Teils der führenden Unionspolitiker zum rechten Rand Konsequenzen fürs Wahlprogramm haben wird. Sprich: Sagen wir, was wir tun, und tun wir, was wir sagen? Und wer sagt es?

Merkel bräuchte die Hilfe eines starken Generalsekretärs

Merkel hat sich im Grunde so sehr dem Moderaten verschrieben, dass sie von diesem Kurs, der früher landläufig mit der Sozialdemokratie verbunden war, nicht abweichen dürfte. Jedenfalls nicht, ohne als unglaubwürdig in jede Richtung zu gelten. Denn das Konservative wird ihr von dessen Anhängern längst nicht mehr abgenommen. Trotz der inzwischen konservativ-restriktiven Flüchtlingspolitik, die ihresgleichen sucht, allerdings der Kanzlerin doch untergeschoben ist.

Um nun hier die Generalrichtung anzugeben, bräuchte Merkel die Hilfe eines starken Generalsekretärs. Der gegenwärtige ist es aber nicht (mehr), überhaupt war die Besetzung dieses Amts noch nie ihre Stärke. Das schwächt die CDU, wie auch Merkels Hinhaltetaktik im Blick auf die Spitzenkandidatur als Schwäche empfunden wird. Außerdem lädt es den politischen Gegner zu Angriffen ein.

Für Gabriel ist die Situation nicht minder unkomfortabel. Als Wirtschaftsminister von Kritikern umstellt, führen in der SPD seine Verdienste um den Zusammenhalt nicht dazu, dass er auch unumstritten die Nummer eins für den Wahlkampf wäre. Im Gegenteil, weil er bisher nicht vermocht hat, die SPD mit einem Thema zu koppeln, das ihr neue Wähler in der Mitte sichert, sozialliberale, und seine Ausflüge gegen TTIP von der Linken nicht als konsistent empfunden werden, führen innerparteiliche Gegner jetzt zunehmend seinen Mangel an Beliebtheit im Wahlvolk an. Darunter sind sogar seine Niedersachsen. Darum zögert Gabriel.

Einen Unterschied gibt es doch: Gabriel kann zwei andere anbieten, die glaubwürdig die Nummer eins für die Wahl werden könnten, Olaf Scholz und Martin Schulz, Merkel kann das nicht. Übrigens: Auch deswegen kann sie nicht UN- Generalsekretärin werden.

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