zum Hauptinhalt
Das Gesicht der SPD, aber nicht die SPD. Das war Peer Steinbrücks Problem im Wahlkampf 2013.

© Kay Nietfeld/dpa

Kanzlerkandidatur sei ein Fehler gewesen: Peer Steinbrück - selbstgerecht bis zum Schluss

Peer Steinbrück räumt auf. Er findet, seine Kanzlerkandidatur war falsch, sagt er in einem Interview. Und macht gleichzeitig deutlich: Eigentlich war die SPD schuld. Kann der Mann nicht wenigstens mit Anstand verlieren? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Antje Sirleschtov

Peer Steinbrück, das weiß man seit einigen Tagen, wird die ukrainische Regierung beim Aufbau eines funktionsfähigen Bankenwesens beraten. Das ist bestimmt gut für die Ukrainer. Peer Steinbrück ist ein ausgewiesener Kenner der internationalen Finanzbranche, er war als Finanzminister Deutschlands geachtet und ist ein kompetenter Manager deutscher Interessen in der internationalen Finanzkrise, die die Welt vor sieben Jahren beinahe in eine Katastrophe geführt hätte. Bankberater ist mithin der richtige Job für einen Mann wie Peer Steinbrück.

Peer Steinbrück muss den Verkauf seines Buches ankurbeln

Kanzler Deutschlands wäre es nicht gewesen. Auch das weiß man jetzt. „Die Kanzlerkandidatur war ein Fehler“, sagt Peer Steinbrück und man tritt dem Herrn nicht zu nahe, wenn man vermutet, dass er mit diesem provokanten Satz vor allem die Aufmerksamkeit (und die Verkaufszahlen) für das Buch ankurbeln möchte, das kommende Woche erscheint. Er möchte ins Gedächtnis zurückholen, wie es zur Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl 2013 kam. Beinahe zwei Jahre danach muss sich Peer Steinbrück noch einmal rechtfertigen. Warum überhaupt und warum ausgerechnet jetzt? Kann der Mann nicht wenigstens mit Anstand verlieren?

Sigmar Gabriel, der Vorsitzende der SPD, sollte das Buch besser nicht lesen. Alle anderen Sozialdemokraten auch nicht. „Die Kanzlerkandidatur war ein Fehler“, diese selbstbezogene Erkenntnis, entwertet ihren Einsatz, ihren anerkennenswerten Kampf um Wählerstimmen. Sie alle waren 2013 angetreten, die Bundestagswahl gegen eine schier übermächtige Kanzlerin zu gewinnen. Mit einem Kandidaten, der sie selbst nicht schätzte, der ihr Programm nicht schätzte, der die Dimension seiner Aufgabe vom ersten Moment an nicht ermessen konnte, der Fehler in Umständen, Widersachern und Medien suchte. Nur nicht bei sich selbst. Auch jetzt noch muss er sich über seine Partei stellen. Er habe sich nicht zum „Messdiener“ seiner Partei machen können, rechtfertigt Steinbrück die verlorene Wahl. Was Steinbrück über den Wahlkampf 2013 sagt, klingt wie das Eingeständnis eigener Fehler. In Wirklichkeit jedoch bleibt er sich treu: Er war richtig, nur die SPD bedurfte, einer kirchenähnlichen Sekte gleich, eines Messdieners an ihrer Spitze.

Die SPD hat ihre wesentlichen politischen Ziele verwirklicht - auch ohne ihn

Wenn es überhaupt im Nachhinein einen „Fehler“ zu suchen und zu benennen gibt, dann hätte die SPD das zu tun und nicht Peer Steinbrück, der ganz offenbar noch nicht verstanden hat, dass es eine Ehre war, für eine Partei in den Kampf um das wichtigste politische Amt der Republik ziehen zu dürfen. Auch, wenn dieser Kampf verloren ging.

Für’s Protokoll: Ihre wesentlichen politischen Ziele haben die Sozialdemokraten in der großen Koalition inzwischen umgesetzt – mit oder trotz der Kanzlerin. Der Mindestlohn, eine Mietpreisbremse, die Frauenquote. Für den Mann, hinter den sich die Partei 2013 gestellt hatte, war und ist das bis heute alles ideologischer Heulsusenkram. Vielleicht hätten die Sozialdemokraten schon damals selbst erkennen sollen, dass die Kanzlerkandidatur des Peer Steinbrück der „Fehler“ war. Wen aber hätten sie stattdessen in den Wahlkampf schicken sollen?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false