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Fingerzeig im Kanzleramt. Karl-Theodor zu Guttenberg, Angela Merkel.

© Reuters

Karl-Theodor zu Guttenberg: (K)ein Kanzler der Reserve

Unionsfraktionschef Kauder beschwört Solidarität mit Merkel – doch die Spekulationen über Guttenberg gehen weiter. Der Adlige aus Oberfranken gilt in Teilen der Union als eine Art Heilsbringer.

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Berlin - Manchen in der Unionsführung erinnert der Vorgang an die Endphase der Regierung Schröder. Geschlossenheitsappelle und Loyalitätsadressen gehörten damals zum Tagesgeschäft einer SPD-Spitze, die sich verzweifelt darum bemühte, die parteiinterne Kritik am Regierungskurs einzudämmen. Heute sind es die Getreuen von Schröders Nachfolgerin Angela Merkel (CDU), die mahnen und appellieren.

Unionsfraktionschef Volker Kauder zum Beispiel. „Wir müssen regieren und nicht spekulieren“, verlangte der Merkel-Vertraute in der „Süddeutschen Zeitung“. Er reagierte damit auf Berichte, die von Unionspolitikern bis vor kurzem noch mit Abscheu und Empörung ins Reich der Fabel verwiesen worden waren. Danach soll Deutschlands beliebtester Politiker, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), im Fall einer Niederlage der schwarz-gelben Koalition bei der Wahl in Baden-Württemberg im März kommenden Jahres anstelle von Merkel ins Bundeskanzleramt einziehen.

Der Adlige aus Oberfranken gilt in Teilen der Union als eine Art Heilsbringer. Ihm allein wird zugetraut, woran Merkel bislang gescheitert ist: sowohl die Stammwähler der Union zurückzugewinnen als auch Wähler der Mitte zu überzeugen.

Merkel und ihr Fraktionschef begreifen die Popularität des erst 38-jährigen CSU- Politikers und die Spekulationen über seinen Aufstieg offenbar als Gefahr. Anders ist es kaum zu erklären, dass Kauder sich mit dem Satz zitieren ließ: „Herr Guttenberg ist ein sehr guter Minister, aber Frau Merkel ist auch eine exzellente Kanzlerin.“ Kauder weiß: Erst die Unzufriedenheit von Teilen der Union mit der angeblich profillosen Parteichefin Merkel verleiht den Gerüchten um Medienstar Guttenberg politische Brisanz. Der CSU-Mann wird in den Reihen der Union als attraktive Alternative zu einer Vorsitzenden wahrgenommen, die ihre Partei in den Augen vieler Mitglieder zu weit nach links geführt hat. Deshalb hat Kauder nun versucht, die Debatte mit einem Machtwort zu stoppen.

Merkel selbst versucht seit kurzem, den Bedürfnissen ihrer eigenen Partei nach klarer Abgrenzung und konservativen Botschaften Rechnung zu tragen. Ihr Bekenntnis im Bundestag zum Bau des umstrittenen Stuttgarter Tunnelbahnhofs „Stuttgart 21“ war ein solches Signal. Am Wochenende dann forderte sie auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Potsdam ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik. Embryonenschutz gehört zu den Kernanliegen jener in der Union, die sich um den Ausverkauf von Werten sorgen. Auf derselben Veranstaltung verkündete Merkel zudem, „Multikulti“ sei „absolut gescheitert“. Zugleich bekräftigte sie aber auch die Aussage des Bundespräsidenten, wonach der Islam zu Deutschland gehöre. Das kam beim konservativen Parteinachwuchs weniger gut an.

Guttenberg begegnet dem Rummel um seine Person auf seine Art. „Man darf nie das Gefühl haben, dass man im politischen Geschäft ein Star wäre“, erklärte er am Montag. Vielmehr habe man „verdammt noch mal seine Arbeit zu machen“. Bescheiden und pflichtbewusst, so haben die Deutschen ihre Adligen am liebsten. Und ihre Kanzler auch.

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