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Politik: Karlsruhe rügt Absprachen in Strafprozessen

Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Praxis von Absprachen in Strafprozessen kritisiert. Es gebe eine „enorm hohe Quote“ von Fällen, in denen die gesetzlichen Vorschriften unterlaufen würden, sagte Richter Herbert Landau am Mittwoch in einer mündlichen Verhandlung zum sogenannten Deal.

Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Praxis von Absprachen in Strafprozessen kritisiert. Es gebe eine „enorm hohe Quote“ von Fällen, in denen die gesetzlichen Vorschriften unterlaufen würden, sagte Richter Herbert Landau am Mittwoch in einer mündlichen Verhandlung zum sogenannten Deal. Landau ist der im Verfahren federführende Richter. Dem Gericht liegen Beschwerden von Straftätern vor, die sich gegen aus ihrer Sicht unrechtmäßig zustande gekommene Urteile wehren. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle kündigte an, den Deal grundsätzlich zu hinterfragen: Es gehe um das Schuldprinzip und „die damit verbundene Pflicht des Gerichts und der Staatsanwaltschaft, den wahren Sachverhalt zu ermitteln.“

Laut Gesetz sind Verständigungen über Fortgang und Ergebnis von Strafprozessen erlaubt, allerdings nur nach bestimmten Voraussetzungen. Richter erhoffen sich schnelle Verfahren, Anwälte für ihre Mandanten mildere Strafen. Die Staatsanwaltschaft muss zustimmen. Nach einer vom Verfassungsgericht in Auftrag gegebenen Untersuchung hält sich die Mehrheit der Richter, die Absprachen treffen, nicht oder nur selten an die Regeln. Justiz und Anwälte würden sich über Geständnisse, das Strafmaß sowie über die Frage verständigen, eine Strafe zur Bewährung auszusetzen, hieß es.

Der Präsident des Bundesgerichtshofs, Klaus Tolksdorf, kritisierte die um sich greifende Praxis: „Im Prinzip verstehen sich Konsens und Strafrecht nicht.“ Auch Generalbundesanwalt Harald Range sprach vom „kollektiven Unwohlsein“ in den Ermittlungsbehörden. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) rechtfertigte die Deal-Regeln. Sie zögen „enge Korsettstangen“ ein. Zuvor habe es eine Rechtsunsicherheit gegeben, die zu einem Wildwuchs geführt habe. Künftige Änderungen schloss sie aber nicht aus. Jost Müller-Neuhof

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