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Politik: Karsai betreibt Aussöhnung mit Taliban

Afghanen beraten ab Mittwoch über Friedensplan

Berlin - Diesmal wollen die Afghanen unter sich bleiben. Bis zu 1500 nationale Delegierte werden ab Mittwoch in Kabul über einen von der Regierung ausgearbeiteten Plan für Versöhnung und die Reintegration von Aufständischen beraten. Ganz nebenbei will sich Präsident Hamid Karsai nach seiner umstrittenen Wiederwahl vergangenes Jahr von der Versammlung noch einmal im Amt bestätigen lassen. Geladen sind unter anderem Gouverneure, Parlamentarier, Vertreter der Wirtschaft und ziviler Gruppen, führende Geistliche und Flüchtlinge. Einige wenige Plätze bleiben Frauen vorbehalten.

Einmischungen von außen hatte sich die Kabuler Führung strikt verbeten, weshalb vorab weder das Programm noch die Teilnehmer bekannt gegeben wurden. Doch es kursierten Namenslisten – und die ließen den Schluss zu, dass Karsai in erster Linie Regierungstreue eingeladen hat, schreibt die Afghanistanexpertin Kate Clark vom unabhängigen „Afghanistan Analyst Network“ in einem Blog. Sein Herausforderer aus dem Jahr 2009, Abdullah Abdullah, sagte seine Teilnahme am Dienstag allerdings kurzfristig selbst ab.

In einigen westlichen Hauptstädten waren auch Entwürfe des Versöhnungsprogramms in Umlauf. Es ist kaum denkbar, dass der Westen hinter den Kulissen keinen Einfluss genommen hat. Schließlich hat die internationale Gemeinschaft für deren Umsetzung Ende Januar 500 Millionen US-Dollar in Aussicht gestellt. Im Mai reiste Karsai außerdem kurzfristig nach Washington. Auch dort stand das Thema Versöhnung im Mittelpunkt.

Umstritten ist offenbar vor allem der Umgang mit Anführern des Aufstands. So will Karsai Talibanchefs und auch dem berüchtigten Kriegsherrn Gulbuddin Hekmatyar den Gang ins Exil anbieten, während US-Präsident Barack Obama darauf setzt, die Rebellen durch eine Großoffensive doch noch in die Knie zu zwingen.

In Kabul wird indes längst die Rückkehr der Taliban auf die politische Bühne vorbereitet. So gibt ein von Karsai rehabilitierter früherer Talibanminister derzeit auffallend viele Interviews, in denen er die Frauenpolitik der Fundamentalislamisten zu relativieren versucht. Demnach haben die Taliban Mädchenschulen nur deshalb geschlossen, weil sie die Sicherheit der Kinder nicht garantieren konnten. Dass Mädchen danach heimlich unterrichtet wurden, hätten die Taliban aktiv unterstützt. Dem britischen „Guardian“ sagte Arsala Rahmani, viele Taliban hätten ihre eigenen Töchter in die Geheimschulen geschickt. Und im Kabuler Zentralhospital sollen mit Zustimmung von Talibanchef Mullah Omar sogar 1200 Medizinerinnen ausgebildet worden sein. Unklar ist noch, ob die Taliban hier selbst an ihrem Image feilen oder die Regierung Karsai den Boden für ihren Friedensplan bereiten will.

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