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Politik: Kassen: Zahnärzte wollen sich bereichern

Streit um Kosten für Brücken und Prothesen / Ministerium pocht auf bisherigen Leistungsumfang

Berlin - Die gesetzlichen Krankenkassen haben den Zahnärzten vorgeworfen, beim Zahnersatz Kosten auf die Patienten abwälzen zu wollen. Die Mediziner versuchten, die Standards für die Versorgung von Kassenpatienten abzusenken, um auf diese Weise zusätzlich abrechnen und sich 1,1 Milliarden Euro an Mehreinnahmen sichern zu können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) wies den Vorwurf als unrichtig zurück. „Uns ist völlig schleierhaft, wie die Kassen auf eine solche Zahl kommen“, sagte KZBV-Sprecher Reiner Kern dem Tagesspiegel. Auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) widersprach der Darstellung. Der Gesetzgeber habe „ganz klar geregelt, dass der bisherige Leistungsumfang beibehalten wird“, sagte sie.

Der Zeitpunkt des Streits ist nicht zufällig. Am heutigen Mittwoch will das Spitzengremium von Zahnärzten und Krankenkassen über die Versorgung gesetzlich Versicherter mit Zahnersatz ab 2005 entscheiden. Das Ministerium muss dies anschließend genehmigen. Denn vom kommenden Jahr an zahlen die Kassen statt des bisherigen prozentualen Zuschusses für Zahnersatz nur noch einen festen befundorientierten Zuschuss. Dieser soll die Standardversorgung abdecken. Wollen Versicherte eine Extra-Versorgung, also etwa statt der Krone ein Implantat, bekommen sie die Standardversorgung (Krone) erstattet, müssen aber die Differenz zu den tatsächlichen Kosten (Implantat) selber zahlen. Was künftig zu einer Standardversorgung gehört, wollen Kassen und Ärzte jetzt festlegen.

Die „Bild“ hatte berichtet, nach Einführung der Festbeträge solle es von der Krankenkasse etwa für den Ersatz eines fehlenden Schneidezahns nur noch 300 Euro geben. Eine herausnehmbare Prothese koste aber 1300 Euro, die Differenz müsse der Patient künftig selber zahlen. Die KZBV nannte das Beispiel irreführend. Bei einem fehlenden Schneidezahn sei eine herausnehmbare Prothese schon heute kein Standard, sondern nur eine einfache Brücke. Und ein Festzuschuss von 300 Euro entspräche wie bisher einem Kassenzuschuss von 50 Prozent.

Auch das Ministerium wies den Bericht als „falsch“ zurück. Die Festzuschüsse würden „auf der Basis des derzeitigen Versorgungsniveaus kalkuliert“, so Ministeriumssprecher Klaus Vater. Man wolle, dass sich „am Leistungsniveau für die Versicherten nichts zum Nachteiligen ändert“. Die Umstellung auf Festbeträge böte Kassenmitgliedern sogar Vorteile. So könnten sie nun selber über ihren Zahnersatz entscheiden. Auch für Implantate etwa, die bislang komplett aus eigener Tasche bezahlt werden mussten, könne man künftig mit einem Zuschuss rechnen. KZBV-Sprecher Kern sagte, die Versorgung „von 90 Prozent oder mehr“ der Versicherten werde 2005 „gleich gut oder besser sein“. Nur in „Exotenfällen“ könne es zu höheren Zuzahlungen kommen, etwa bei komplexen Zahnlücken, die man mittels Prothese schließen müsse. Allerdings warf KZBV-Chef Jürgen Fedderwitz den Kassen vor, sie versuchten in einigen Fällen „Luxusversorgung als Regelversorgung durchzudrücken“. Eine AOK-Sprecherin sagte, aus der Sitzungsvorlage gehe hervor, dass die Zahnärzte bei einzelnen Befunden das Leistungsniveau senken wollten. Die AOK werde aber keinem Vorschlag zustimmen, der zusätzlich Kosten auf die Patienten abwälze.

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