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Nach einer langen Dürreperiode herrscht in Ostafrika die schlimmste Hungersnot seit vielen Jahren.

© AFP

Katastrophe statt Chance: Was die Weltgemeinschaft gegen den Hunger in Afrika tun will

Vor knapp zwei Wochen sprach Angela Merkel auf ihrer Reise durch Afrika von einem "Chancenkontinent". Aber die Hungerkrise in Ostafrika hat ein Ausmaß erreicht, das auch die Kanzlerin nicht ganz ignorieren konnte.

Berlin - Es ist noch keine zwei Wochen her, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) durch Afrika gereist ist, um das Bild vom „Chancenkontinent“ in die Welt zu tragen. Doch am Montag musste ihr Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), der auch immer gerne über die Chancen der Wirtschaftsentwicklung und die Investitionsmöglichkeiten der deutschen Unternehmen redet, etwas ganz anderes sagen: „Die schlimme Lage für die Menschen am Horn von Afrika muss schnell gelindert werden, um so viele Menschenleben wie möglich zu retten.“ Da war er wieder, der Katastrophenkontinent, von dem sich Deutschland mit seinem neuen Afrikakonzept gerade hatte verabschieden wollen.

Aber die Hungerkrise in Ostafrika hat ein Ausmaß erreicht, das tatsächlich auch die Kanzlerin auf ihrer Wirtschaftsreise nicht ganz hatte ignorieren können. Sie versprach eine Million Euro für das Flüchtlingslager Dadaab im Norden Kenias, in dem derzeit täglich um die 1300 somalische Flüchtlinge ankommen. Und tatsächlich war die Krise lange absehbar. Darauf hat am Montag auch der Sondergipfel der Weltagrarorganisation (FAO) hingewiesen. Die Nothilfekoordinatorin der FAO, Cristina Amaral, sagte der Nachrichtenagentur AFP aber auch, warum die wiederkehrenden Dürren in Ostafrika immer nur dann ein Thema sind, wenn sie gerade wieder zu einer Hungersnot geführt haben. Ein besserer Umgang von Viehbesitzern mit Weideland, eine bessere Gesundheitsvorsorge für die Tiere und die Einführung von trockenresistenteren Getreidesorten könnten schon helfen, das Problem gar nicht erst so groß werden zu lassen. Doch Cristina Amaral hat in den vergangenen Jahren eines gelernt: „Die Finanzierung funktioniert nur, wenn man die Aufmerksamkeit der Medien hat. Das ist das Problem.“ Und Aufmerksamkeit gibt es immer nur dann, wenn wieder Kinder verhungern.

Dennoch hat der FAO-Gipfel einen erneuten – den wievielten? – Anlauf unternommen, auch die langfristigen Probleme in den Blick zu nehmen. Die Weltbank hat am Montag angekündigt, in den kommenden Jahren 500 Millionen Dollar für Ostafrika zur Verfügung stellen zu wollen. Davon sollen nur 12 Millionen Dollar in die Nothilfe fließen. Der Rest des Geldes soll langfristigen Projekten zugute kommen. Besonders wichtig nahmen die wenigen Minister und vielen Beamten aus 190 Ländern eine Entschärfung der Konflikte zwischen Viehhirten und sesshaften Bauern. Die Viehhirten sollten besonders gefördert werden, heißt es in der Abschlusserklärung. Vor allem will man erreichen, dass die Hirten mit ihren Tieren entlang der traditionellen Wanderrouten von Norden nach Süden und wieder zurück ziehen können, immer dem Regen und den Weidegründen nach. Allerdings gibt die Abschlusserklärung keinen Hinweis darauf, wie das zu schaffen sei.

Das Thema ist schon seit Jahren eines, weil es die Hauptkonfliktquelle zwischen den verschiedenen Volksgruppen ist. Und oft genug wird in der explosiven Region am Horn von Afrika ein größerer Konflikt daraus. Mit Hilfsgeldern lassen sich diese Konflikte nicht lösen. Da müssen politische Lösungen gefunden werden. Die Gipfelteilnehmer nahmen jedenfalls zur Kenntnis, dass es nicht nur um die klassischen Landwirtschaftsthemen gehen kann, sondern dass der chronische Konflikt in Somalia und die komplizierte politische Lage der Nachbarländer einen nicht geringen Anteil an der Zuspitzung der Krise haben.

Neben politischen Problemen spielt aber auch die ebenfalls chronische Korruption und Unverantwortlichkeit der regionalen Eliten eine wichtige Rolle. Nicht nur in Kenia ist die nationale Lebensmittelreserve auf ein bedrohlich niedriges Niveau gesunken, weil dafür vorgesehene Mittel anderweitig verwendet oder gleich ganz abgezweigt worden sind. Lediglich in Äthiopien hat diese Art der Vorsorge bisher funktioniert. Bereits seit Februar hat die Regierung die nationale Lebensmittelreserve angezapft und die betroffenen Regionen beliefert.

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