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"Katrina"-Report: 90 Fälle von schwerem Versagen

Die US-Regierung hat in den Tagen vor und nach "Katrina" auf den verschiedensten Ebenen schwer versagt. Das geht aus dem Entwurf eines Untersuchungsreports hervor, den eine Kommission des US-Abgeordnetenhauses erarbeitet hat.

Washington - Die "Washington Post" berichtete am Sonntag über den Entwurf. Insgesamt werden 90 Fälle von Fehlern und Versäumnissen aufgelistet, durch die lebensrettende Maßnahmen vor und nach dem Hurrikan am 29. August vergangenen Jahres verhindert worden seien.

Die scharfen Vorwürfe fallen besonders stark ins Gewicht, da die Ermittlungen von elf Republikanern - also Mitgliedern von Bushs eigener Partei - durchgeführt worden waren. Die oppositionellen Demokraten hatten die Untersuchungen wegen Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der Republikaner boykottiert. Ein Senatsausschuss mit Vertretern beider Parteien führt aber zur Zeit ebenfalls Ermittlungen durch. Auch das Weiße Haus will in Kürze einen eigenen Untersuchungsbericht vorlegen.

In dem Abgeordneten-Report, der am Mittwoch veröffentlicht werden soll, kommt das Gremium zu dem Schluss, dass die verschiedenen Regierungsstellen aus den Terroranschlägen vom 11. September nichts gelernt, Warnungen hinsichtlich des Ausmaßes der Hurrikan-Katastrophe missachtet, Notfall-Programme nicht in die Tat umgesetzt und nicht genügend miteinander kommuniziert hätten.

Besonders hart geht die Kommission mit Heimatschutzminister Michael Chertoff ins Gericht. Er habe die Ereignisse «abgehoben», das heißt distanziert verfolgt und Notfall-Programme der Regierung «spät, unwirksam oder überhaupt nicht» umgesetzt und die Entsendung von Truppen, Ausrüstung sowie Lebensmitteln um bis zu drei Tage verzögert. Weiter heißt es, die Fema und das Militär hätten rivalisierende Kommandostellen eingerichtet und dadurch ebenfalls die Reaktion auf den Hurrikan verlangsamt.

"Zerfaserter Entscheidungsprozess"

Zu Bush wird der «Washington Post» zufolge festgestellt, der Präsident hätte die nötigen Maßnahmen beschleunigen können, da es allein in seiner Macht gelegen habe, die bürokratischen Hemmnisse zu beseitigen. Aber er habe es nicht getan. Insgesamt kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass ein Mangel an Erkenntnis, wie ernst die Lage gewesen sei, sowie ein «zerfaserter Entscheidungsprozess den Schrecken von "Katrina" noch verlängert haben».

Das Weiße Haus wies die Vorwürfe gegen Bush und das Heimatschutzministerium zurück. Der Präsident habe volles Vertrauen zu Chertoff, sei von Anfang bis zum Ende an der Umsetzung der Programme beteiligt gewesen und habe die Verantwortung dafür übernommen, sagte Sprecher Patrick Duffy. Ein Sprecher des Heimatschutzministeriums seinerseits machte den damaligen - und später zurückgetretenen - Fema-Chef Michael Brown für die langsame Reaktion verantwortlich. Brown habe durch «aufsässiges Verhalten» Chertoffs Arbeit erschwert.

Der Ex-Fema-Chef selbst wiederum hatte am Freitag vor dem «Katrina»-Untersuchungsausschuss des Senats hauptsächlich Chertoff zum Schuldigen erklärt. Generell lastete Brown der Regierung an, sie sei so stark auf den Antiterrorkampf fixiert gewesen, dass Maßnahmen für den Fall von Naturkatastrophen sträflich vernachlässigt worden seien. Weiter erklärte er, dass das Weiße Haus und Heimatschutzministerium schon am 29. August über das katastrophale Ausmaß der Überflutung von New Orleans durch «Katrina» informiert gewesen seien und nicht erst am Tag danach, wie von ihnen behauptet. (tso/dpa)

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