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Angela Merkel

© dpa

Kaukasus-Konflikt: Merkel reist nach Tiflis

Nach georgischen Angaben gehen die Kämpfe weiter. Die USA erhöhen weiter den Druck auf Russland. Merkel konnte beim Treffen mit Dimitri Medwedew in Sotschi nicht punkten. Welche Rolle spielt die Bundeskanzlerin in der multilateralen Krisendiplomatie?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Sonntag mit dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili in Tiflis über Auswege aus der Krise im Kaukasus beraten. Zwei Tage nach ihren Gesprächen mit dem russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew traf sich Merkel in der georgischen Hauptstadt mit Saakaschwili, um im Konflikt zwischen Russland und Georgien weiter zu vermitteln. Bei dem Treffen wollte die Kanzlerin ihre Unterstützung für die territoriale Integrität Georgiens deutlich machen, wie aus Delegationskreisen verlautete. Russland kündigte an, am Montag mit dem Abzug der in Georgien einmarschierten Soldaten zu beginnen.

Merkel wollte nach den Angaben aus Delegationskreisen die georgische Forderung nach einem Abzug der russischen Truppen unterstützen. Insbesondere wollte die Kanzlerin bei Saakaschwili zudem darauf dringen, dass rasch internationale Beobachter in Georgien zum Einsatz kommen müssten, auch um überprüfen zu können, ob der Waffenstillstand in der Region eingehalten wird. Darüber hinaus sollte es bei dem Gespräch darum gehen, der georgischen Seite erneut Unterstützung für den angestrebten NATO-Beitritt zuzusichern.

Berlin geht es vordringlich darum, dass der Waffenstillstand eingehalten wird und Verhandlungen ermöglicht werden. Bereits am Freitag hatte sie in Sotschi Russlands Präsident Dmitri Medwedew getroffen und dabei einen vollständigen Abzug der russischen Truppen aus georgischem Kerngebiet gefordert. Zugleich machte sie klar, dass für Deutschland die territoriale Integrität Georgiens außer Frage steht und Saakaschwili demokratisch gewählter Präsident sei. Die Kanzlerin will sich nach Angaben aus Regierungskreisen in Tiflis für eine "komplette Einstellung aller Kampfhandlungen" einsetzen. "Die Feuerpause muss überprüfbar und dauerhaft sein."

Sarkozy warnt Medwedew vor ernsten Konsequenzen

Der französische Außenminister bezeichnete den Waffenstillstand als "brüchig". Er hoffe, dass "so schnell wie möglich" eine internationale Friedenstruppe in der Region stationiert werde, sagte Kouchner der Zeitung "Journal de Dimanche".

Der Elysée-Palast in Paris und der Kreml in Moskau teilten am Sonntag nach einem Telefonat Medwedews mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy mit, der Abzug der regulären russischen Truppen werde "morgen in der Mittagszeit" starten. Sarkozy warnte Medwedew laut Elysée-Palast vor "ernsten Konsequenzen" für die  Beziehungen mit der EU, sollte Moskau das mit Georgien geschlossene Waffenstillstandsabkommen nicht "schnell und vollständig" umsetzen.

Als amtierender EU-Ratspräsident hatte Sarkozy den Sechs-Punkte-Plan zur Beendigung des Kaukasus-Konflikts mit beiden Parteien ausgehandelt. Das von beiden Seiten inzwischen unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen sieht neben einem Ende der Kämpfe vor, dass sich die georgischen Truppen in ihre vorherigen Stellungen zurückziehen und die russische Armee auf ihre Positionen vor Beginn der Kämpfe zurückkehrt.

Laut dem Elysee-Palast erlaubt das Abkommen den in Südossetien stationierten russischen Friedenstruppen allerdings begrenzte Patrouillen jenseits der Grenze, bis ein "internationaler Mechanismus" gefunden wurde. Davon ausgeschlossen seien jedoch größere Städte und Verkehrsverbindungen, präzisierte Sarkozy in einem Schreiben an Saakaschwili.

USA sichern Georgien Unterstützung zu

US-Präsident Bush sicherte seinem georgischen Kollegen Michail Saakaschwili in einem Telefongespräch erneut die Unterstützung der Vereinigten Staaten "für die Regierung und das Volk Georgiens" zu, wie der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Gordon Johndroe, mitteilte.

Unterdessen kündigte der demokratische US-Senator Joseph Biden nach Georgien zu reisen. Er wird als demokratischer Vizepräsidentschaftskandidat gehandelt. Biden werde mit Saakaschwili zusammentreffen, um "dem georgischen Volk und seiner demokratisch gewählten Regierung" seine Unterstützung ausdrücken, teilte Biden mit.

UN-Generalsekretär bemüht sich um UN-Sicherheitsratsresolution

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schaltete sich in die Bemühungen um eine Resolution des UN-Sicherheitsrats ein. Ban traf sich am Samstag in New York zu Einzelgesprächen mit den UN-Botschaftern der USA, Russlands, Georgiens und Frankreichs, wie sein Sprecher Farhan Haq mitteilte. Anschließend habe der UN-Generalsekretär mit dem amtierenden Vorsitzenden des Sicherheitsrats, dem belgischen UN-Botschafter Jan Grauls, sowie mit Chinas Vertreter Wang Guangya telefoniert.

Zum Inhalt der Gespräche sagte Haq nichts. Der UN-Sicherheitsrat versucht seit Tagen vergeblich, sich auf eine Erklärung zum Kaukasus-Konflikt zu einigen. Russland will einen Verweis auf die territoriale Integrität Georgiens im bisherigen Entwurf nicht akzeptieren. Am Sonntag wollten die 15 Ratsmitglieder ihre Beratungen wieder aufnehmen.

Russischer Präsident ordnet nur Teilabzug an

Georgien für Montag angekündigt. Die Maßnahme Russlands Präsident und Oberbefehlshaber Dmitri Medwedew hat den Beginn des Truppenabzugs aus dem Konfliktgebiet inbetreffe jene Einheiten, die zur Verstärkung der russischen Friedenstruppen an der Offensive im Südkaukasus teilgenommen hätten. Das sagte Medwedew am Sonntag in einem Telefonat mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, wie die Agentur Interfax meldete. Nach Schätzungen stehen noch mehr als 10.000 russische Soldaten im georgischen Kernland sowie dem abtrünnigen und von Moskau protegierten Gebiet Südossetien.

Medwedew hatte am Samstag ein von der EU vermitteltes Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet, das auch von Tiflis akzeptiert worden war. Der Sechs-Punkte-Plan sieht unter anderem vor, dass sich die georgischen Truppen in ihre vorherigen Stellungen zurückziehen und die russische Armee auf ihre Positionen vor Beginn der Kämpfe zurückkehrt. Der Kremlchef ordnete auf einer Sitzung des Sicherheitsrates in Moskau "zusätzliche Schutzmaßnahmen" für die Bevölkerung in Südossetien an.

Nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow nennt das Abkommen keinen festen Abzugstermin für die russischen Truppen. Das Präsidialbüro in Paris bestätigte am Samstag, dass Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in einem Schreiben an Saakaschwili vergangene Woche die umstrittene Passage in dem Waffenstillstandsabkommen präzisiert.

Demnach dürfen russische Friedenstruppen künftig auch "einige Kilometer" außerhalb der Grenzen Südossetiens auf georgischem Gebiet patrouillieren. Allerdings dürfe davon keine bedeutende Stadt betroffen sein. Dem Dokument zufolge dürfen nur russische Friedenstruppen auf georgischem Gebiet patrouillieren, die durch bereits bestehende Abkommen legitimiert seien. In London, Stockholm und Brüssel fanden am Samstag Demonstrationen gegen das russische Vorgehen im Kaukasus-Konflikt statt. (ml/AFP/dpa)

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