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Georgien

© dpa

Kaukasus-Konflikt: Russland stellt Krieg gegen Georgien ein

Nach fünftägigen blutigen Gefechten erklärt Russlands Präsident Dmitri Medwedew den Militäreinsatz in Georgien für beendet. Die Operation sei erfolgreich abgeschlossen. Die Verhandlungen über die Zukunft des Landes dürften jedoch schwierig werden.

Fünf Tagen nach dem andauernden Konflikt um Südossetien kündigt Russland einen Stopp der Militäreinsätze an. Der EU-Ratsvorsitzende, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, sprach bei einem Besuch in Moskau von einer "guten Nachricht". Gemeinsam mit Medwedew stellte er einen Plan zur Befriedung des Südkaukasus vor, der einen Rückzug auf Positionen vor Beginn des Krieges vorsieht. Der Nato-Rat in Brüssel nannte den Waffenstillstand "wichtig, aber nicht ausreichend". Das Bündnis bekräftigte seine Solidarität mit Georgien, das gegen den Widerstand Russlands die Nato-Mitgliedschaft anstrebt.

Ungeachtet der politischen Gespräche in Moskau kam es auch am Dienstag noch vereinzelt zu Feuergefechten. Bei den Kämpfen um die abtrünnigen georgischen Gebiete Südossetien und Abchasien waren nach russischen Angaben seit Freitag etwa 2000 Menschen ums Leben gekommen. Auch mehrere Journalisten, ein Niederländer, zwei Russen und ein Georgier, wurden getötet. Nach Schätzungen des UN- Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) wurden etwa 100.000 Menschen vertrieben.

Womöglich US-Militärs getötet

Nach russischen Angaben seien zahlreiche US-Militärs im Konfliktgebiet gewesen, so dass womöglich auch unter den Toten US-Soldaten sein könnten. "Zu Beginn des Konflikts waren mindestens 127 US-Militärberater in Georgien", sagte der russische Nato-Botschafter Dmitri Rogosin. Es seien "Dunkelhäutige tot aufgefunden" worden, fügte Rogosin hinzu. Die Anwesenheit von US-Militärberatern in Georgien ist vom US-Außenministerium bestätigt.

Die Militäroperation sei erfolgreich abgeschlossen, sagte der Kremlchef Medwedew, der "Aggressor" Georgien sei bestraft worden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte den prowestlichen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili zum Rücktritt auf. Nach dem Waffengang sei er für Moskau kein Verhandlungspartner mehr. Medwedew erteilte dem Verteidigungsministerium den Befehl, die Kampfhandlungen jederzeit wieder aufzunehmen, sollte in Südossetien wieder Gewalt an der Bevölkerung verübt werden.

Sarkozy und Medwedew riefen in Moskau alle Konfliktparteien zu einem dauerhaften Gewaltverzicht auf. Russland verpflichtet sich nach den Worten Medwedews, seine Truppen hinter jene Grenzen zurückzuziehen, hinter denen sie sich vor Ausbruch des Konflikts aufhielten. Auch Georgien müsse seine Armee in die Kasernen zurückführen. Medwedew betonte, dass Russland die Souveränität Georgiens respektiere. Der Plan beinhalte auch humanitäre Hilfe für die vielen Flüchtlinge, sagte Sarkozy, der in die georgische Hauptstadt Tiflis weiterreisen wollte, um den Plan mit Präsident Saakaschwili abzustimmen.

Erweiterung der Nato muss verschoben werden

Die 26 Nato-Staaten betonten in Brüssel den Anspruch Georgiens auf Souveränität und territoriale Integrität. Sie bestätigten das Versprechen, das Kaukasusland zu einem späteren Zeitpunkt in die Allianz aufzunehmen. Alle Verbündeten hätten den "unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt" durch Russland verurteilt und ihre "Solidarität" mit Georgien bekundet, sagte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. Russland hatte die Nato wiederholt vor einer Aufnahme Georgiens gewarnt.

Die Regierung in Tiflis erklärte, Georgien werde als Konsequenz aus dem Krieg gegen Russland aus der im Dezember 1991 gegründeten Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) austreten. "Ich habe alles Nötige dazu veranlasst", sagte Saakaschwili. In der georgischen Hauptstadt demonstrierten am Dienstag Zehntausende gegen die "Aggression aus Moskau".

Hunderttausende auf der Flucht

In Tiflis wuchs die Sorge über den anhaltenden Zustrom der Vertriebenen. "Die Zahl der Menschen, die Hilfe benötigen, steigt stündlich", sagte die für Georgien zuständige Direktorin des UN-Welternährungsprogramm (WFP), Lola Castro. Die am stärksten umkämpfte georgische Stadt Gori sei bald menschenleer, meldete das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR). Fast 80 Prozent der Einwohner hätten die Stadt fluchtartig verlassen.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) kündigte am Montagabend in Genf an, insgesamt rund fünf Millionen Euro für Soforthilfen bereitzustellen. Mit dem Geld solle eine angemessene medizinische Versorgung für Verletzte und Flüchtlinge finanziert werden. Das Auswärtige Amt (AA) in Berlin setzte am Dienstag seine Ausreisehilfe für Deutsche und Bürger anderer EU-Länder aus Georgien fort. Drei Busse machten sich in Tiflis auf den Weg in die rund 200 Kilometer entfernte armenische Hauptstadt Eriwan, wie eine AA-Sprecherin auf Anfrage mitteilte. An Bord waren 162 Menschen, die meisten von ihnen Deutsche. (sgo/dpa/AFP)

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