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Politik: Kaukasus statt Heidelberg

Die USA wollen drei Viertel ihrer Soldaten aus Deutschland abziehen

Das war kein schöner Anblick. Vor gut einer Woche tourte ein Trupp deutscher Kommunalpolitiker durch Washington. Bürgermeister, Ehrenpräsidenten, Abgeordnete. Sie versuchten, der Macht nahe zu kommen. Das bedeutet in diesem Fall möglichst viele Senatoren und Repräsentanten im Kongress sowie den Stab um Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu treffen. Das gelang nur begrenzt. Ihr Anliegen fand kaum Gehör. Dabei liegt den Kommunalpolitikern, die allesamt aus dem Süden Deutschlands kommen, etwas Wichtiges am Herzen: Sie wollen verhindern, dass ein Großteil der 70 000 in Deutschland stationierten US-Soldaten abgezogen wird. Denn das würde für ihre Heimatregionen schwerwiegende Konsequenzen haben.

Es wird wohl so kommen. Recht detailliert berichtete das „Wall Street Journal“ am Dienstag über entsprechende Pläne. Das Pentagon arbeite an der „radikalsten Umstrukturierung seiner Streitkräfte seit Ende des Kalten Krieges“. Dem Bericht zufolge sind insbesondere die Städte Heidelberg, Wiesbaden, Würzburg und Grafenwöhr betroffen. Dort werde die Wirtschaft unter dem Abzug der Soldaten leiden. Fast vollständig erhalten bleiben sollen der Luftwaffenstützpunkt in Ramstein und die Kommandozentrale in Stuttgart. Die endgültige Entscheidung wird in den kommenden Monaten erwartet. In ungefähr einem Jahr soll der Abzug beginnen.

Ist das die Strafe für die deutsche Haltung zum Irak-Krieg? Im Pentagon wird das bestritten. Die Pläne – im Gespräch ist eine Reduzierung der Truppenstärke um 75 Prozent – seien älter als die Irak-Krise. Ihnen liege allein die Notwendigkeit zugrunde, die Präsenz der US-Soldaten im Ausland an neue strategische Entwicklungen anzupassen. Die Truppen würden aus Deutschland in den Kaukasus, nach Afrika und Osteuropa geschickt. Aus Nigeria zum Beispiel beziehen die USA bald ein Viertel ihrer Ölimporte. Diese Rohstoffquelle soll geschützt werden.

Zusätzlich sprechen aus US-Sicht noch zwei Gründe gegen den Standort Deutschland. Da sind zum einen die strengen Umweltschutznormen. Größere Übungen unter halbwegs realistischen Bedingungen seien dadurch praktisch unmöglich, heißt es in Washington. Diesbezüglich sei die Lage in Osteuropa bequemer. Zum anderen ist das Pentagon bestrebt, seine Basen künftig in der Nähe von Häfen zu unterhalten. Größere Verbände sollen schnell in Krisenregionen transportiert werden können. Das Konzept für ein „stehendes Heer“ wie in Deutschland, so Experten, stamme aus der Zeit des Kalten Krieges.

Einen Hoffnungsschimmer freilich gibt es. Eine Umstrukturierung der Truppenpräsenz ist teuer. Auf mehrere Milliarden Dollar werden die Kosten geschätzt. Das könnte die Verantwortlichen zum Nachdenken bringen. Da das Pentagon aber nicht als besonders sparsam gilt, ist der Schimmer ziemlich matt.

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