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Kaukasuskrieg: Drohgebärden zum Jahrestag

Ein Jahr nach dem Krieg im Kaukasus besucht Russlands Präsident Medwedew Soldaten in Südossetien.

Der Abzug der UN-Militärbeobachter am Mittwoch aus Abchasien ist aus russischer Sicht ein weiterer Sieg der Moskauer Diplomatie im südlichen Kaukasus. Moskau hatte im Frühjahr gegen die Fortsetzung der Mission gestimmt, die seit 15 Jahren über die Einhaltung des Waffenstillstandsabkommens mit Georgien wacht. Begründet hatte UN-Botschafter Witali Tschurkin sein Veto damals damit, dass der Westen die Schwarzmeer- Region nach wie vor als georgische Provinz betrachtet.

Russland dagegen hatte die Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens kurz nach dem Kaukasuskrieg im letzten August offiziell anerkannt und damit das ohnehin getrübte Verhältnis zum Westen weiter belastet. Das Thema kam auch beim Moskau-Besuch von US-Präsident Barack Obama in der vergangenen Woche zur Sprache. Dabei habe der Amerikaner Präsident Dmitri Medwedew und Regierungschef Wladimir Putin zugesagt, Washington werde russische Interessen im südlichen Kaukasus künftig stärker berücksichtigen, erwarte als Gegenleistung dafür jedoch eine größere Unterstützung für eine härtere Gangart des Westens gegenüber dem Iran und dessen Kernforschung – so jedenfalls die Lesart russischer Agenturen, die sich dabei auf Putins Umgebung beriefen.

Sollte es derartige Absprachen tatsächlich gegeben haben, liegen ihnen schwere Denkfehler zu Grunde. Zum einen überschätzt der Westen Moskaus realen Einfluss auf die schwierigen Partner in Teheran. Zum anderen ist Russland ein direkter Nutznießer der internationalen Isolation des Iran. Schließlich bleiben die Ölpreise gegenwärtig relativ hoch. Vor allem aber: Iranisches Gas könnte verhindern, dass die Nabucco- Pipeline, mit der die EU sich den Zugriff auf die Gasvorkommen der Region am Kaspischen Meer unter Umgehung Russlands sichern will, für Europa zum Milliardengrab wird. Denn bisher ist nicht klar, woher die 31 Milliarden Kubikmeter jährlich kommen sollen, mit denen die Leitung rentabel wird.

Offiziell fiel Russlands Protest gegen das am Montag in Ankara unterzeichnete Abkommen zum Bau der Pipeline daher eher matt aus. Dennoch besuchte Medwedew just zum gleichen Zeitpunkt überraschend Südossetien. Unabhängige Beobachter sehen einen direkten Zusammenhang zwischen der Visite und dem Nabucco-Projekt. Die Pipeline würde, sollte sie gebaut werden, nur knapp 100 Kilometer südlich der Grenze Georgiens mit Südossetiens verlaufen. Und dort sorgt Russland, kurz bevor sich der Beginn des Krieges mit Georgien zum ersten Mal jährt, für eine neuerliche Eskalation.

So besuchte Medwedew die russischen Soldaten, die in Südossetien stationiert sind – entgegen dem Friedensabkommen, das Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy im letzten August mit Moskau und Tiflis aushandelte. Kurz zuvor waren in der Region Manöver zu Ende gegangen, bei denen Fehler korrigiert wurden, die Russland bei den Kämpfen im letzten Sommer unterlaufen waren. Befehligt wurden die Truppen von den gleichen Generälen wie 2008.

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