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Politik: Kein Bankett mit Bush für Hu Jintao

Für Peking ist es ein Staatsbesuch. Für Washington ist es keiner.

Für Peking ist es ein Staatsbesuch. Für Washington ist es keiner. Der US-Besuch von Chinas mächtigstem Mann, Staats- und Parteichef Hu Jintao, hatte schon vor seinem Beginn am Dienstag für Spannungen gesorgt. Monatelang stritten chinesische und amerikanische Diplomaten über das Protokoll der viertägigen Visite. Am Ende einigten sich die beiden Großmächte darauf, sich nicht zu einigen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Jiang Zemin, der 1997 mit allen Ehren vom damaligen Präsidenten Bill Clinton empfangen worden war, wird Hu bei seinem ersten offiziellen USA-Besuch auf ein Staatsbankett im Weißen Haus verzichten müssen. Als Zugeständnis an die Chinesen, die bis zuletzt auf die Formalitäten eines Staatsbesuchs drängten, wird es am Donnerstag lediglich einen militärischen Empfang im Weißen Haus für Hu geben. Hus Willkommensbankett wird zuvor in Seattle stattfinden – bei Microsoft-Gründer Bill Gates.

Der Disput über das Protokoll zeigt das zerbrechliche Verhältnis zwischen der Supermacht USA und der aufstrebenden Großmacht China. In Washington ist man nicht nur mit der ungleichen Handelsbilanz und der ausufernden Markenpiraterie in der Volksrepublik unzufrieden. 2005 stieg das Handelsdefizit der USA mit China auf ein Rekordhoch von 201 Milliarden US-Dollar (166 Milliarden Euro). „Wir erwarten von China mehr Engagement“, mahnte US-Präsident George W. Bush mit Blick auf die Handelsprobleme. Auch außenpolitisch stößt man sich im Weißen Haus an Chinas wachsender Rolle in der Welt. Um den Energiehunger der chinesischen Industrie und der 1,3 Milliarden Menschen zu stillen, pflegen Pekings Führer enge Beziehungen zu Regimes, die im Westen geächtet sind.

Für Peking hat der Besuch vor allem innenpolitisch Bedeutung. Der seit 2003 amtierende Hu Jintao soll dem chinesischen Volk als weltmännischer und mächtiger Staatsmann präsentiert werden. Dabei versuchte Peking, Kritik aus Washington schon vorab zu entkräften. Als Reaktion auf das Rekordhandelsdefizit wird China während des Besuchs für 16 Milliarden Dollar US-Güter einkaufen – darunter 80 Boeing-Flugzeuge. Eine Wirtschaftsdelegation mit 200 Teilnehmern unter Vizeministerpräsidentin Wu Yi reist dafür durch 13 Bundesstaaten.

Die Botschaft der Reise ist aus Pekings Sicht, die Volksrepublik als friedlich wachsende Großmacht darzustellen. Daher waren aus Peking zuletzt ungewöhnlich gemäßigte Töne zum Dalai Lama und dem Vatikan zu hören. Eine Kampagne gegen Markenpiraterie und Produktdiebstahl sollte zudem die Kritik der US-Wirtschaft entkräften, dass Peking nicht genug dagegen unternehme. „Diese Reise ist eine bedeutende und strategisch günstige Gelegenheit, die Differenzen zwischen den beiden Seiten zu verringern oder gar zu überwinden“, erklärte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

Harald Maass[Peking]

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