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Politik: „Kein Monopol des Westens“

Institutschef Bielefeldt über die Situation in islamischen Ländern

HEINER BIELEFELDT

ist seit August 2003

Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Zuvor hat der Philosoph sich vor allem mit Konfliktforschung beschäftigt.

Foto: teutopress

Wie hat der Kampf gegen den Terror die Menschenrechtspolitik verändert?

Die Menschenrechte sind in Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten und dem Primat der Sicherheitspolitik geopfert zu werden. Das zeigt sich zum Beispiel an dem politischen Kredit, den Putin für seinen Krieg in Tschetschenien bekommt: Die Menschenrechtsverletzungen spielen in der Öffentlichkeit leider kaum eine Rolle. Ein weiteres Symbol für die Rechtlosigkeit, die im Kampf gegen den Terror droht, ist Guantanamo Bay.

Im Westen und in der islamischen Welt ist immer wieder zu hören, die Menschenrechte seien ein Konzept des Westens.

Menschenrechte mussten und müssen auch im Westen erkämpft werden. Sie sind nicht Bestandteil eines selbstverständlichen kulturellen Erbes. Dasselbe gilt im Grunde für islamische Länder. Auch dort müssen Menschenrechte erkämpft werden. Die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Iranerin Schirin Ebadi hat gezeigt, dass es Menschen gibt, die sich für die Menschenrechte einsetzen und sich zugleich als Muslime verstehen.

Wie kann Europa die Strömungen in der islamischen Welt unterstützen, die Menschenrechte und Islam in Einklang bringen wollen?

Menschenrechte sind kein Monopol des Westens. Wir dürfen sie nicht im Gestus der Zivilisationsüberlegenheit verkünden. Wer die Menschenrechtsbewegungen unterstützen will, muss mit ihnen ins Gespräch kommen. Dass es Frauenrechtlerinnen wie Ebadi gibt, ist der Öffentlichkeit überhaupt erst durch den Preis bewusst geworden. Die Resonanz gibt den Bewegungen Rückenwind.

Was halten Sie von Deutschlands Bemühungen um einen kritischen Dialog mit einem Land wie Iran?

Der Ansatz ist im Prinzip richtig. Aber das Ganze darf keine Alibiveranstaltung werden. Für einen solchen Dialog gibt es eine klare Grundlage: die internationalen Abkommen, denen auch Iran zum großen Teil beigetreten ist. Man darf diesen verbindlichen Maßstab nicht unterlaufen, indem man allgemein über eine „große Werteökumene“ redet.

Tut die Bundesregierung genug für die Durchsetzung von Menschenrechten – zum Beispiel in China?

Über Menschenrechte muss kritisch gesprochen werden. Darüber sollten die Politiker auch öffentlich Rechenschaft ablegen. Die Aufhebung des Waffenembargos, für das der Kanzler sich stark macht, steht nicht im Einklang mit der Lage in China, wo die Menschenrechte gravierend verletzt werden.

Das Gespräch führte Claudia von Salzen.

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