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Tritt er zurück? Giorgio Napolitano.

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Update

Kein Rücktritt in der Regierungskrise in Italien: Napolitano bleibt im Amt und beauftragt "Weise" mit der Krisenlösung

Der italienische Präsident Napolitano wies die Rücktrittsgerüchte entschieden zurück - und beauftragte zwei Expertengruppen, die Vorschläge für den Weg aus der Krise entwickeln sollen.

Italiens Staatschef Giorgio Napolitano tritt mitten in der Regierungskrise seines Landes nicht vorzeitig zurück. Napolitano sagte am Samstag in Rom, er werde seine Verantwortung bis zum Ende seines Mandats am 15. Mai wahrnehmen. Der Staatspräsident wies damit Spekulationen in italienischen Medien zurück, er könnte jetzt abtreten, um rasche Neuwahlen als Ausweg aus dem Patt im italienischen Parlament nach den Wahlen von Ende Februar zu ermöglichen.

Am Samstag teilte er zudem mit, dass „zwei begrenzte Gruppen von Persönlichkeiten“ Vorschläge für einen Ausweg aus der Staats- und Regierungskrise vorlegen sollen. Die beiden Gruppen - in den italienischen Medien als „Weise“ bezeichnet - sollen sich am Dienstag konstituieren.

Er sei entschlossen, „bis zum letzten Tag Initiativen zu ergreifen“, um das Land aus der politischen Sackgasse zu führen, erklärte der 87-jährige Staatschef, dessen siebenjährige Amtszeit am 15. Mai endet. Die Nachrichtenagentur Ansa meldete, die eine Gruppe sei „politisch-institutionell“, die andere „wirtschaftlich-sozial“ ausgerichtet. Ihren Bericht sollen sie entweder Napolitano oder seinem Nachfolger übergeben. Napolitano erwartet nach eigenen Angaben „präzise Programmvorschläge“, für die es eine Mehrheit der politischen Kräfte geben solle.

Italien treibe weder auf den Abgrund zu, noch sei es führungslos, erklärte Napolitano zu entsprechenden Befürchtungen im Ausland. Der derzeitige Regierungschef und ehemalige EU-Kommissar Mario Monti bleibe im Amt. An der Spitze seiner Regierung von Experten werde er in Abstimmung mit der Europäischen Union und unter Beteiligung des neuen Parlaments Notfallmaßnahmen für die italienische Wirtschaft in die Wege leiten.

Die Spekulationen über Napolitanos Rücktritt waren in den italienischen Medien aufgekommen, nachdem die zweite Runde der Konsultationen für eine Regierungsbildung, die der Präsident selbst übernommen hatte, am Freitagabend gescheitert war. Zuvor waren bereits die sechstägigen Sondierungsgespräche des Chefs der Mitte-links-Allianz, Pier Luigi Bersani, ergebnislos zu Ende gegangen.

Würde Napolitano noch kurz vor dem Ende seiner siebenjährigen Amtszeit am 15. Mai zurücktreten, müsste das Parlament vorzeitig einen neuen Staatschef wählen. Dieser könnte dann eine neue Regierungsbildung beauftragen oder das Parlament auflösen und vorgezogene Neuwahlen für Juni oder Juli ansetzen. Napolitano selbst kann dies derzeit nicht tun: Gemäß der italienischen Verfassung kann das Staatsoberhaupt das Parlament innerhalb der sechs Monate vor Ablauf seines Mandats nicht auflösen. Der Prozess zur Wahl von Napolitanos Nachfolger durch das Parlament soll nach bisheriger Planung am 15. April beginnen.

Im Gegensatz zu früheren Wahlen gibt es bislang keinen eindeutigen Favoriten für Napolitanos Nachfolger. Die Zeitung „La Repubblica“ schrieb, der altehrwürdige Präsident stehe vor einer wirklichen „Via crucis“ (Kreuzweg). In anderen Zeitungen war von Napolitanos „Mission impossible“ oder von „Lähmung wegen gegenseitiger Vetos“ die Rede. Napolitano könnte auch noch eine „Regierung des Präsidenten“ anstreben und beispielsweise einen überparteilichen Politiker mit der Bildung einer breiten Mehr-Parteien-Koalition beauftragen. Eine weitere Lösung bliebe eine Regierung aus Fachleuten, ähnlich wie die des scheidenden Regierungschefs und ehemaligen EU-Kommissars Mario Monti. Napolitano hatte bislang eine Minderheitsregierung ebenso wie Neuwahlen als Ausweg aus der Sackgasse abgelehnt.

Die zweite Runde der Konsultationen für eine Regierungsbildung, die Napolitano selbst übernommen hatte, war am Freitagabend gescheitert. Der Staatschef ließ erklären, dass er nun eine „Bedenkzeit“ einlege. Zuvor waren bereits die sechstägigen Sondierungsgespräche des Chefs der Mitte-links-Allianz, Pier Luigi Bersani, ergebnislos zu Ende gegangen. Der rechtskonservative Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi erneuerte am Freitag sein Angebot zu einer Koalition mit Bersani, was dieser erneut ablehnte.

Berlusconi, der an der Spitze des Rechtsbündnisses zwischen seiner Partei Volk der Freiheit (PdL) und der Lega Nord steht, soll Bersani außerdem angeboten haben, eine Minderheitsregierung unter dessen Führung zu tragen. Im Gegenzug hätte sich Bersani mit dem Rechtsbündnis auf einen Kandidaten für die Präsidentschaft einigen müssen. Bersani, der Chef der Demokratischen Partei (PD), habe sich darauf aus Rücksicht auf seine Anti-Berlusconi-Wählerschaft jedoch nicht einlassen können, hieß es in Medienberichten. Bersani bemühte sich stattdessen um ein Regierungsbündnis mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung des Starkomikers Beppe Grillo, bei dem er jedoch auf taube Ohren stieß.

Die sogenannten Grillini lehnten erneut jegliches Bündnis mit den etablierten Parteien ab und erklärten sich stattdessen bereit, eine eigene Minderheitsregierung zu bilden. Bersanis Mitte-links-Bündnis war aus der Parlamentswahl Ende Februar als stärkste Kraft hervorgegangen. Es verfügt über die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus, hat aber keine gesicherte Mehrheit im Senat. (dpa/AFP)

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